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Vorweg
möchte ich mich bei all den netten Zuschriften und Mut
machenden Aufmunterungen vieler Züchter und
Katzenliebhabern, ganz herzlich bedanken. Alle Reaktionen
auf meinen Artikel über "Hereditäre Ataxie" in der
Novermberausgabe der KATZEN EXTRA, waren ausnahmslos positiv
und bestärkten mich in meinem Handeln und meiner Einstellung
zur Zucht. Die einzige negative Bemerkung erhielt ich von
einer Türkisch Angora Züchterin. Ihr Zitat finden Sie am Ende
des Artikels... Da der Artikel in der KATZEN EXTRA um ein
Drittel gekürzt wurde, hier nun die Fassung in originaler
Länge:
Gendefekt –
Erfahrungsbericht aus Sicht eines Züchters
Erbliche
Gendefekte ereilen immer nur andere Züchter, niemals ist man
selbst davon betroffen und schon gar nicht die eigene Rasse.
Gendefekte sind auch grundsätzlich alle schon erforscht,
bekannt und somit berechenbar. Neue Gendefekte oder gar das
erste Auftreten in der eigenen Zucht ist undenkbar und
unwahrscheinlicher als ein Sechser im Lotto. Dachte ich….
Als ich
vor 17 Jahren mit der Zucht "MEINER“ Rasse begann, stand das
Wort Gendefekt ganz weit hinten in meinem
Gebrauchswörterbuch. Schließlich züchtete ich mit einer
Rasse, die die Attribute "ursprünglich, robust und gesund"
ihr eigen nennen durfte. Jung und ungestüm wie ich war
wollte ich die Welt verbessern, alles richtig machen, hatte
viele Ideale und Ideen im Kopf, von denen bereits ein großer
Teil auf der Wegstrecke des Lebens, als undurchführbar im
Straßengraben zurückgeblieben sind. Dennoch ging ich
unbeirrt meinen Weg, erlebte Höhepunkte und auch die eine
oder andere Niederlage. Die Erfahrungswerte meiner
Niederlagen bewegten sich hauptsächlich im
zwischenmenschlichen Bereich und wurden durch viele kleine
gesunde, robuste, wundervolle Katzenbabies und viele sehr
erfolgreiche Ausstellungen mehr als aufgewogen. Zu diesem
Zeitpunkt musste ich noch nicht, dass mir die schwerste
Niederlage noch bevorstand, menschlich wie auch züchterisch.
Um zu
verstehen, wie wichtig hinsichtlich eines Gendefektes
Informationsaustausch und Zusammenhalt zwischen Züchtern
ist, inwieweit Zufälle richtungweisend sein können und wie
derartige Situationen für persönliche Animositäten schamlos
ausgenutzt werden können, muss ich von ganz vorne anfangen.
In der
Anfangszeit meiner Zucht, galt mein Hauptaugenmerk der Zucht
von kleinen süßen, kuscheligen, niedlichen Katzenkindern,
die die Herzen von Liebhabern genauso schnell erobern
sollten wie sie es mit meinem taten. Ich wollte sie
aufwachsen sehen, ihnen meine ganze Liebe schenken und mich
an ihnen solange wie möglich erfreuen. Farb - und
Gesundheitsgenetik interessierte mich erst nach einigen
Würfen. Einmal kurz die Nase in die Genetik getaucht, wurde
mein Wissensdurst unstillbar. Ich wollte auch jede noch so
kleine Information über Katzenzucht oder meiner Rasse.
Es war
mein 8. Wurf, der mir den ersten Herzschmerz einbrachte und
der, ohne dass ich es damals hätte erahnen können, mein
erster Kontakt mit einem fatalen und lethalen Gendefekt war.
Dieser Wurf bestand aus drei entzückenden kleinen
Katzenkindern, die sich die ersten zweieinhalb Wochen völlig
unauffällig entwickelten. Nach dieser Zeit benahm sich ein
kleiner Kater auffällig. Zu diesem Zeitpunkt fangen kleine
Katzenkinder an sich koordiniert und bewusst zu bewegen.
Anfänglich noch etwas tolpatschig, bewegten sich die beiden
kleinen Katzendamen aus diesem Wurf dennoch gezielt und
„rund“. Das kleine Brüderchen jedoch, wackelte, kippte um
und zitterte am ganzen Leib. Mein Tierarzt, dem ich den
kleinen Kerl sofort vorstellte, veranlasste die Gabe von
zusätzlichem Vitamin B, welches bei ähnlicher Symptomatik in
anderen Rassen bereits erfolgreich verabreicht wurde. Meine
ganze Hoffnung lag in dieser Behandlung und schwand mit
jedem Tag an dem ich wieder einmal feststellen musste, dass
es dem kleinen Katerchen nicht wirklich besser ging. Mein
Tierarzt tappte weiterhin im Dunkeln, da auch ein Blutbild
und eine eilig anberaumte Cortisonbehandlung keine Besserung
erbrachten. Im Gegenteil, der kleine Mann war nicht in der
Lage sich selbstständig fortzubewegen, alleine zu fressen,
ganz zu schweigen die Katzentoilette aus eigenem Antrieb
heraus zu benutzen. Mit zehn Wochen bat mich mein Tierarzt
ihn erlösen zu dürfen und schickte dieses kleine wackelnde,
zitternde Etwas über die Regenbogenbrücke. Auf meinem Wunsch
hin wurde dieser kleine Kerl obduziert, da ich in mehreren
Punkten Gewissheit brauchte. Allem voran, wollte ich eine
erbliche Ursache ausschließen und abgesehen davon musste ich
für mein eigenes Seelenheil wissen, ob die Einschläferung
berechtigt gewesen war oder ob es eine Behandlung gegeben
hätte, die ihm letztendlich hätte helfen können.
Nach
Rücksprache mit der Züchterin beider Elterntiere meines
Wurfes, erwähnte Sie mir gegenüber eine beunruhigende
Tatsache: Die Tante meines kleinen wackelnden Katers, hatte
zur Zeit ebenfalls einen Wurf, in welchem sich ein Kitten
mit gleicher Symptomatik befand. Nicht nur das... Es war
bereits ihr zweiter Wurf, der ein solches Kitten
hervorbrachte. War es somit doch erblich?
Ich
setzte mich mit der Besitzerin der Tante in Verbindung und
besuchte sie. Es gab keinen Zweifel. Das kleine wackelnde
Mädchen aus ihrem Wurf, war symptomatisch gesehen ein
Zwilling von meinem kleinen wackelnden Kater. Dieses kleine
Mädchen wurde erst einer Schlangengifttherapie unterzogen,
bevor es letztendlich mit 12 Wochen eingeschläfert wurde.
Ich wartete noch auf mein Obduktionsergebnis, als sich die
Züchter entschlossen auch ihr wackelndes Katzenmädchen von
einem anderen Pathologen an einer großen Universitätsklinik
untersuchen zu lassen.
Etwas
später erreichte mich der Obduktionsbefund meines kleinen
Katers. Aus meiner damaligen Sicht mit einem grundsätzlich
erleichternden Ergebnis. Obwohl der Bericht mit allerhand
medizinischen Fachbegriffen gespickt war, sagte er lediglich
aus, dass eigentlich NICHTS gefunden wurde. Das Gehirn war
normal entwickelt, Gehirnzellen und Ganglien waren
unauffällig. Eine Speicherkrankheit konnte ausgeschlossen
werden. Nerven und Nervenzellen waren ebenfalls ohne Befund.
Es konnte schlicht und ergreifend nichts Abnormes gefunden
werden, alle bekannten erblichen Erkrankungen mit dieser
Symptomatik konnten ausgeschlossen werden und somit endete
der Bericht mit einem für mich sehr erleichternden Satz:
Eine hereditäre (erbliche) Ursache, kann nicht bestätigt
werden.
Verunsichert wurde ich lediglich durch die Tatsache, dass so
rein gar nichts gefunden wurde, obwohl mein kleines
Katerchen die Symptomatik einer schweren Erkrankung aufwies.
Wie konnte so etwas sein? Gemeinsam mit der Besitzern seiner
Tante, deren Obduktionsbefund noch ausstand, warteten wir
auf deren Ergebnis. Nur wenige Tage später wurde auch ihr
bestätigt, dass ihr kleines Katzenmädchen an „Nichts“
erkrankt war. Ich hielt Rücksprache mit meinem Pathologen,
erklärte ihm noch einmal die ganzen Zusammenhänge und
äußerte ihm gegenüber auch meine Befürchtung hinsichtlich
einer Erbkrankheit. Seine beruhigenden Worte klingen mir
heute noch im Ohr: „Machen Sie sich doch nicht so viele
Gedanken! Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir so
hinnehmen müssen. Nicht alles was genetisch ist, muss auch
gleich erblich sein. Ein Grund für die familiäre Häufung
dieser „Wackelbabies“, kann eine individuelle
Erbgutschädigung durch Toxine, Medikamente oder
Umwelteinflüsse sein. Solche und andere Krankheitsbilder
kommen von Zeit zu Zeit vor. Nicht umsonst werfen Katzen
eine recht hohe Anzahl an Kitten.“
Ich ließ
mich beruhigen, teilte das Ergebnis der Züchterin meiner
Mutterkatze mit, die auch gleichzeitig die Besitzerin des
Deckkaters war, den ich für diesen Wurf nutzte und wurde mit
lapidaren Kommentar „Ich-habe-Dir-doch-gleich-gesagt-dass-es-nicht-erblich-ist.
Das-Geld-hättest-Du-Dir-sparen-können“ abgespeist. Okay,
besser so, als das sich meine Befürchtungen bestätigt
hätten.
Ich
verkaufte ein Kitten aus dem Wurf an einen anderen Züchter,
natürlich nicht ohne ihn über den gesamten Sachverhalt
aufzuklären, behielt aber weder Mutterkatze noch
Geschwisterkitten für meine eigene Zucht. Die Tante meiner
Mutterkätzin gebar später noch zwei weitere Würfe, einen
ohne und einen mit einem erneuten wackelnden Baby. Danach
wurde auch sie kastriert. Ihre Züchter stellten mit der
Kastration dieser Kätzin die Zucht ein. Für uns beide stand
zweifelsfrei fest, dass das Erbgut beider Mütter durch nicht
mehr nachvollziehbare Umstände, die jedoch nicht erblicher
Natur waren, geschädigt wurde.
Ca. fünf
Jahre und dreizehn Würfe vergingen, ohne weitere
Zwischenfälle. Ich kaufte mir sogar eine Zuchtkatze, die
teilweise auf gleiche Ahnen zurückblickte, wie mein kleiner
Wackelkater. Sie schenkte mir zwei wundervolle, große,
gesunde Würfe. Keine Meldung über weitere Wackelbabies und
so geriet mein kleiner toter, wackelnder Kater in
Vergessenheit. Das Leben geht weiter und die Prognose des
Pathologen schien sich zu bestätigen. Der Höhepunkt meiner
Züchterlaufbahn wurde durch den Zukauf einer Zuchtkätzin „Vanni“
und später auch durch meinen Zuchtkater „Arti“ aus den
besten Catterys der USA gekrönt. Die Kätzin hatte in meiner
Cattery bereits zwei große, gesunde Würfe geboren und war
eine hervorragende Katzenmama.
Arti kam
zusammen mit seinem Wurfbruder nach Deutschland, der bei
einer befreundeten Züchterin fortan für Nachwuchs sorgen
durfte. Diese beiden US-Importkater waren kleine
Sahnestückchen. Sie blickten auf sehr alte Linien zurück.
Besonders die väterliche Linie war für ihre guten
Vererbungsqualitäten bekannt. Ihr Vater stammte von einer
der erfolgreichsten Züchterinnen. Sie gab bereits vor
einiger Zeit ihre Zucht auf und verkaufte nur an
Katzenzüchter mit komplizierten Verträgen und hohen
Vertragsstrafen. Ein mehrere Generationenverkaufsverbot für
Zuchtkatzennachkommen waren bei dieser Züchterin fester
Vertragsbestandteil. Die väterlichen Linien fanden sich
ebenfalls im Stammbaum der erfolgreichsten und schon
legendären Zucht- und Showkätzin meiner Rasse hier in Europa
und waren bereits so alt, dass man sie fast überall nur noch
weit hinten im Stammbaum antreffen konnte. Erbdefekte waren
bisher nicht bekannt geworden und so war es eine besondere
Freude, diese unverdünnten, alten Linien für mein
Zuchtprogramm einsetzen zu dürfen. Klar, dass sich die
plötzliche Verfügbarkeit dieser alten Linien in
Katzenkreisen herumsprach und so fanden im Laufe der
nächsten Monate und Jahre, viele Geschwister und
Halbgeschwister meines Kater den Weg in die Züchterhaushalte
rund um die ganze Welt, um auch dort für Nachwuchs zu
sorgen.
Mein
US-Importkater „Arti“ wurde Vater von zwei Würfen, unter
anderem mit der oben erwähnten US-Importkätzin „Vanni“. Ich
dachte schon fast gar nicht mehr an mein kleines
„Wackelkaterchen“, als mich die Vergangenheit wieder
einholte. In dem Wurf mit Vanni entwickelte sich wieder ein
kleines wackelndes Kitten, ein kleines Mädchen. Es fielen
mir die Worte des Pathologen ein: “So etwas kommt von Zeit
zu Zeit halt eben mal vor.“ Ich kramte auch noch mal den
Obduktionsbericht hervor, in welchem eine erbliche Ursache
ausgeschlossen wurde. Verglich man den Stammbaum des
jetzigen Wurfes mit dem Stammbaum des damaligen Wurfes, fand
man kaum Gemeinsamkeiten. Ja, ganz weit hinten 10-15 oder
mehr Generationen zurück, da konnte man das ein oder andere
gleiche Tier finden, was nicht ungewöhnlich für meine Rasse
war, da sie schließlich lediglich auf ca. 30 Ursprungtiere
zurückschauen konnte. Unmöglich, dass es erblich sein
sollte..... ich glaubte fest an die Aussage der Ärzte, auch
der Stammbaumvergleich schloss meine Befürchtungen aus. Die
Mutterkatze hatte schließlich vorher auch zwei gesunde Würfe
zur Welt gebracht mit einem ihr weitaus verwandteren Kater.
Ich glaubte fest an eine toxische Ursache deren Ursprung
wohl beim Züchter zu suchen war. Der zweite Wurf meines
Katers „Arti“, der einige Zeit später geboren wurde, war mit
seinen fünf Kitten völlig unauffällig.
Schweren
Herzens brachte ich das kleine Mädchen in der dritten
Lebenswoche zu meinem Tierarzt. Bevor er es einschläferte
stellte er fest, dass sie blind war. Ich ließ sie nicht
obduzieren und begrub sie in unserem Garten. Vanni und Arti
ließ ich trotzdem sicherheitshalber anschließend kastrieren.
Aus dem zweiten Wurf mit der anderen Kätzin meiner Cattery,
behielt ich eine Nachwuchszuchtkätzin und eine weitere
Kätzin ging u.a. zu der Züchterin mit Arti´s Bruder. Im
darauf folgenden Jahr, verpaarten wir beide, mittlerweile
erwachsenen Kätzinnen mit ihrem Onkel, mit dem Resultat
zweier vitaler, gesunder Würfe. Gekoppelt mit der Aussage
der amerikanischen Züchterin, bei der auch bis zu diesem
Zeitpunkt noch niemals ein solches wackelndes Kitten
aufgetreten ist und das trotz Vollgeschwisterverpaarungen,
für mich ein weiteres Indiz dafür, dass es nicht erblich
sei. Dachte ich....
Drei
weitere Jahre vergingen, ohne, dass bei mir je wieder ein
wackelndes Kitten geboren wurde. Drei Jahre, in denen ich
mit voller Überzeugung absolut gesunde Katzenkinder
züchtete. Rein körperlich gesehen, stimmte das ja auch.
Und so
freute ich mich nach dieser ganzen Zeit auch schon auf
meinen neuen Wurf, ebenfalls größtenteils über lange Sicht
gesehen linienfremd zu den beiden wackelnden Kitten von den
vielen Jahren zuvor. Fünf kleine vitale Babies, bereicherten
kurze Zeit später unser Leben. Sie entwickelten sich
problemlos und unauffällig, bis zu der bereits bekannten
kritischen Zeit, wenn sie anfangen sich koordiniert und
gezielt zu bewegen. Diesmal waren es zwei Katerchen, die
zitterten und nicht laufen konnten. SCHLUSS! Ich war
geschockt! Beide Eltern waren von mir gezüchtet, sie waren
keiner Zeit irgendwelchen toxischen Einflüssen ausgesetzt,
sie haben ihr ganzes Leben auch keine Medikamente (außer den
üblichen Impfungen) bekommen. Ich konnte zwar zu diesem
Zeitpunkt den Erbgang noch nicht ausmachen, da alle drei
Würfe nur sehr entfernt miteinander verwandt waren, ging
aber von einem rezessiven oder gar poligenetischen Vorgang
aus. Für einen dominanten Erbgang hätte eines der jeweiligen
Elterntiere, selber Symptome wie Zittern oder Wackeln zeigen
müssen, also schloss ich diesen Erbgang von vornherein aus.
Tröstlich war nur, dass diese Erkrankung bereits seit Geburt
besteht und niemals erst später auftritt, wie es bei manchen
Erbkrankheiten durchaus der Fall ist, dadurch konnte vielen
Liebhabern Leid erspart bleiben.
Ich
musste nun handeln! Das war ich mir, den kleinen
Katzenbabies, meiner Zucht und meiner Rasse schuldig. Ich
setzte mich mit der Züchterin meiner damaligen US-Import
Katzen „Vanni“ und „Arti“ in Verbindung. Schließlich
züchtete sie seit damals mit diesen Linien weiter und wenn
es erblich ist, dann sollte sie vielleicht das ein oder
andere solcher wackelnder Kitten mittlerweile auch in ihren
Würfen gehabt haben. BINGO! Sie gab zu schon bereits seit
einiger Zeit hin und wieder Wackelkitten in ihren Würfen
gehabt zu haben. Ich fragte sie, was sie unternommen hat und
bekam zur Antwort: Nichts! Sie hat zu wenig Geld um eine
Obduktion bezahlen zu können, außerdem wäre das Natur. Auch
dort wieder der schöne Spruch: „Das passiert halt mal hin
und wieder. Ich sollte das doch einfach so hinnehmen.“ Das
kam für mich diesmal nicht in Frage. Ich wachte plötzlich
auf und kann bis heute nicht verstehen, dass ich mich mit
einem Obduktionsbericht abspeisen ließ, der eindeutig die
Gesundheit eines Kittens bescheinigte, was wegen der enormen
Ausfallerscheinungen schon gar nicht stimmen konnte.
Ich
kontaktierte meinen Tierarzt und besprach mit ihm weiteres
Vorgehen. Die beiden vorherigen Obduktionsberichte wurden
kopiert. Ich filmte die Kitten und brannte diese Videoclips
auf CD. Es musste etwas geschehen und mir war klar, dass es
fünf vor zwölf war. Durch die Infos der US-Züchterin konnte
ich mittlerweile auch die ersten Linienzusammenhänge bilden,
ebenfalls kristallisierte sich der Erbgang eindeutig hervor:
Einfach rezessiv. Das heißt, der gleiche Erbgang wie
Verdünnung. Tragen beide Elterntiere dieses Gen ist die
Wahrscheinlichkeit für die Geburt eines Wackelkittens 25%
hoch, 50% der Kitten dieses Wurfes wären wieder Trägertiere,
25% wären frei und genetisch gesund. Das bedeutete
dementsprechend auch: Entweder wackeln diese Katzen von
Geburt an und man sah diese Störung bereits sehr früh oder
aber sie wackelten nicht und waren körperlich genauso
gesund, wie jede andere Katze auch.
Leider
stimmten die statistischen Werte auch für die beiden kleinen
Kater meines Wurfes. Sie hatten leider kein Glück und
erfüllten die traurige Fallzahl der 25% betroffenen Tiere.
Mit ungefähr drei Wochen schläferte mein Tierarzt sie ein.
Wie immer war ich dabei, streichelte sie bis sie schliefen,
schaute in ihre kleinen vertrauenden Augen und drückte sie
an mich, wenn sie ihren letzten Atemzug taten. Ich fühlte
mich so elend und schuldig. Schließlich war ich es, die
diese Verpaarung plante und die Voraussetzung dafür
schaffte, dass neues Leben in die Welt gesetzt wurde. Ich
war es, der diesen Wurf und diese Kitten wollte und die nun
auch für dessen Tot verantwortlich war. Ich denke, dass
meine Gedankengänge für jeden nachvollziehbar sind,
zumindest sollten sie für jeden verantwortungsvollen Züchter
nachvollziehbar sein.
Ich hatte
kaum Zeit mich von meinen beiden kleinen Pelznasen zu
verabschieden. Schnellst möglich wurden sie in Eis verpackt
und ich fuhr sie persönlich zu dem ca. 20 min. entfernten
Pathologen. Das „Material“ sollte so frisch wie möglich
sein. Er war informiert und wartete auf mich, alles war
diesmal bis aufs Kleinste geplant. Ausgerüstet mit den
Videoclips, Stammbäumen und Auswertungen der
Verwandtschaftsverhältnisse, den beiden toten Kitten und den
Kopien der bereits erfolgten pathologischen Befunde wartete
ich bei dem Pathologen auf. Er schaute sich die Videos an
und sprach von einer ausgeprägten ATAXIE. Ein Begriff, der
lediglich ein Symptom, aber keine Krankheit beschreibt,
ähnlich wie Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen Symptome sind,
für deren Verantwortlichkeit dennoch viele verschiedene
Krankheiten in Fragen kommen können. Ataxie ist ein Begriff
für die Symptomatik der Gangunsicherheit, Schwanken, Zittern
etc. Was ich zu diesem Zeitpunkt aber nicht wusste, war dass
dieser Begriff bald aber auch zum Inbegriff für alles was
mit meiner Zucht und meinen Katzen zu tun hatte wurde.
Nun galt
es die Ursache für die Ataxie zu finden. Der Pathologe
wollte verschiedene Möglichkeiten testen.
Speicherkrankheiten, wie Gangliosidose sollten
ausgeschlossen oder bestätigt werden, Hirn- und Nervenzellen
sollten eingefärbt und untersucht werden. Auch wenn
Infektionskrankheiten eigentlich ausschieden, da ja nur
Kitten im gleichen Alter, niemals der Ganze Wurf und niemals
Erwachsene von der Ataxie betroffen waren, wurde auch diese
Möglichkeit untersucht. Ich fühlte mich gut aufgehoben und
ich war sicher, dass diesem ganzen Spuk bald ein Ende
gemacht werden würde. Sicherlich würde der Pathologe nun
endlich etwas finden, dann kann man alle Zuchtkatzen darauf
testen, ob sie das krankmachende Gen tragen und das wiederum
bedeutete, dass bei keinem Züchter der testen ließe jemals
wieder ataxische Kitten geboren werden würden. Für mich war
alles so klar und mein Denken so naiv, wie es bei einem
Züchter mit absoluten laienhaften Wissen über die genetische
Entstehung von Defekten und molekulargenetischen
Testentwicklungen, nur sein konnte. Da reichte mein gutes
genetisches Basiswissen lange nicht aus.
So
frustriert war ich nach zwei Wochen dann auch über das
Ergebnis: Es konnte wieder einmal NICHTS Auffallendes
gefunden werden. Unglaublich! Ohnmächtig vor Wut und
Enttäuschung hielt ich noch mal telefonische Rücksprache mit
dem Pathologen. Wie konnte so etwas geschehen? Warum um
alles in der Welt wird denn niemals eine Ursache gefunden?
Trotzdem ich sehr aufgebracht war, beantwortete mir der
Pathologe alle meine Fragen. Er spürte meinen
unausgesprochenen Zweifel an seinen Fähigkeiten. Er erklärte
mir, dass er alles untersucht hatte, was ihm möglich war.
Bekannte Krankheiten konnte er ausschließen. Für
tiefergehende Tests fehlte ihm schlicht und ergreifend das
Equipment, außerdem würden solche Testverfahren nur an
großen Universitäten durchgeführt werden. Naja, und da würde
man so etwas auch nicht so gerne machen, denn was sollte es
schon bringen? Auf meinen Einwand, dass die Ursache gefunden
werden müsste, damit durch einen Gentest rezessive
Trägertiere aufgedeckt werden können, musste er fast lachen.
Ich würde mir doch nicht allen Ernstes einbilden, dass wegen
ein paar toter, ataxischer Kitten zweier Züchter, ein
Gentest entwickelt werden würde? Dazu braucht man eine
Unmenge an „Material“ von solchen Kitten, Trägertieren und
freien Tieren und einen solchen Test aus eigener Tasche zu
finanzieren läge jenseits meiner Vorstellungskraft. Ich
prallte mit einer Geschwindigkeit zurück auf den Boden der
Tatsachen, dass mir die Worte des Pathologen in meinen Ohren
fast den gleichen Schmerz bereiteten, als wenn ich den
Aufprall körperlich erlebt hätte. Mit auf den Weg, gab er
mir den Rat, dass ich Eltern und Verwandte dieser Kitten
kastrieren lassen und mit unverwandten Linien weiterzüchten
sollte. Es wäre die einzige Alternative, die ich hätte.
Tschüss Gentest! Tschüss Ursachenforschung!
Einen
solchen Rat muss man erst einmal verdauen und nachdem ich
mich gefangen hatte, ließ ich die Eltern kastrieren, was
ohnehin von vornherein niemals außer Frage stand. Ich dachte
lange darüber nach, wie ich ein vernünftiges Zuchtprogramm
auf die Beine stellen könnte und welche Linien dafür in
Frage kämen. Eine grundsätzliche Frage stellte sich mir:
Bleibe ich bei den seit Jahrzehnten gezüchteten Linien oder
weiche ich auf Foundationlinien aus dem Ursprungsland aus?
In den Stammbäumen der meisten jahrzehntelang gezüchteten
Katzen fand man Ataxie-Trägertiere, Linien reiner
Foundationkatzen sind hingegen rar und ihr genetischer
Background weitgehend unbekannt. Den Teufel mit dem
Beelzebub austreiben? Abgesehen davon, was bringt mir die
Einkreuzung einer oder zwei Foundationkatzen, wenn ich dann
anschließend um die genetische Variabilität zu erhalten,
doch wieder auf belastete Linien zurückgreifen muss, damit
ich nicht zu inzüchtig werde. Nein, ich entschied mich für
folgenden Weg: Ich wollte gefestigte Linien, aber ohne
Trägertiere! Das bedarf Stammbaumstudien und vieler
Informationen um ein hohes Maß an Sicherheit zu bekommen.
Ich
formulierte eine vorsichtige Anfrage auf der größten
rassebezogenen Mailingliste im Internet. Beschrieb Symptome
der Kitten, stellte die Videoclips ins Internet, damit sich
jeder ein Bild machen konnte und bat um privaten
Mailkontakt, von eventuell ebenfalls betroffenen anderen
Züchtern. Natürlich sicherte ich Verschwiegenheit zu. Die
Frage der bis zu diesem Zeitpunkt einzigen, ebenfalls
betroffenen US-Züchterin, ob ich mir den Gang an die
Öffentlichkeit denn gut überlegt hätte und ob ich der
Meinung bin, dass es richtig ist, bejahte ich voller
Überzeugung und Inbrunst. Was kann daran falsch sein, über
Defekte aufzuklären und einen Weg zu suchen sie zu
vermeiden? Schließlich ging es doch nicht um persönliche
Animositäten, sondern darum Leben zu schützen. Wie naiv auch
diese Auffassung von mir war, sollte ich auch erst später
erfahren.
Die
öffentlichen Reaktionen der Züchter auf der Liste waren
unterschiedlich. Die meisten waren betroffen und geschockt
nachdem sie die Videos gesehen hatten. Ein Gendefekt in
ihrer Rasse? Einige von ihnen waren skeptisch und machten
andere Dinge für das Auftreten der Ataxie verantwortlich,
andere wiederum waren sehr bemüht ihre Cattery als frei von
diesem Defekt zu deklarieren. Unter ihnen übrigens auch die
Züchterin, von der ich die Elterntiere meines ersten
Ataxiebabies hatte und die damals sowohl von mir, wie auch
von der damals ebenfalls betroffenen anderen Züchterkollegin
darüber informiert wurde. Soviel war also ihr Wort wert.
Sollte ich nun wirklich noch glauben, dass sie niemals ein
solches ataxisches Kitten in ihren eigenen Würfen hatte?
Und siehe
da.... ich bekam tatsächlich einige weltweite private Mails
von Züchtern, die genauso wie ich von diesem Problem
betroffen waren und bereits ataxische Kitten in ihren Würfen
hatten. Auch zwei anonyme E-mails erreichten mich.
Bedauerlicherweise hatte keiner dieser Züchter je eine
Obduktion dieser Kitten vornehmen lassen. Jede noch so
kleine Info über Trägertiere, war wertvoll und deckte leider
auch das ganze Ausmaß und die Verbreitung dieses Defektes
auf. Die ältesten sicheren Trägertiere ließen sich bis in
die 70er Jahre letzten Jahrhunderts zurückverfolgen. Sie
gehörten mit zu der kleinen Gruppe Ursprungstiere und deren
Nachkommen, so dass sie fast in jedem Stammbaum der heutigen
Katzen zu finden sind. Zwischenzeitlich wurden wieder
ataxische Kitten bei einem Züchter in den USA geboren von
denen ich jedoch erst erfuhr, als sie bereits euthanasiert
und begraben waren. Auf meine Frage, warum denn keine
Obduktion vorgenommen wurde, hieß es, dass ich doch schon so
viele vornehmen ließ ohne das eine Ursache gefunden wurde.
Warum also noch mehr Geld verschwenden?
Auf
entsprechender Mailingliste flackerte eine kurze Diskussion
über den Erbgang auf, die Info, dass fast alle unsere Katzen
davon betroffen waren wurde mit Bedauern hingenommen,
insgeheim, so schien es mir, blieb es aber mein
höchstpersönlich eigenes Problem. Jeder nahm an, davon nicht
betroffen zu sein. Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht
oder besser gesagt, betrifft ihn nicht.
Durch die
vielen Infos, die ich von anderen betroffenen Züchtern
bekam, konnte ich mir ein Bild machen, welche Linien davon
betroffen waren und welche dieser betroffenen Linien durch
entsprechende Verpaarungen gezeigt haben, dass sie trotz
Trägertiere augenscheinlich frei von diesem Defekt zu sein
schienen. Gemeinsam mit der Genetikerin Lorraine Shelton
mussten wir jedoch erkennen, dass ca. 80% der gesamten
Zuchtkatzen unserer Rasse, die bekannten betroffenen Linien
in deren Stammbäumen aufwiesen. Statistisch gesehen, waren
allerdings nur ein Drittel davon auch tatsächlich
Trägertiere. Leider gab es keine Möglichkeit, die
Trägertiere äußerlich von den Nicht-Trägertieren zu
unterscheiden. Okay, meine Pläne für meine eigene Zucht
waren logischerweise die Vermeidung von ataxischen Kitten.
Ich kaufte zwei weitere Zuchtkatzen für meine Cattery, aus
Linien die ich als „frei“ annahm. Ich wollte von dem Defekt
„wegzüchten“. Je weiter weg, desto gesünder würden die
Linien meiner betroffenen Zuchtkatzen werden. Als ich meine
Strategie Lorraine Shelton mitteilte, sagte sie mir, dass es
vergebene Liebesmüh sei, da man von einem rezessiven Defekt
nicht „wegzüchten“ kann. Er kann über unzählige Generationen
mitgeschleppt werden, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu
zeigen. Dennoch blieb ich bei meinem Vorhaben und war voller
Überzeugung von meinen Zuchtplänen. Kein weiteres Kitten
sollte jemals wieder mit dieser Erkrankung in meiner Cattery
geboren werden! Bei meinen beiden neuen Zuchtkatzen befanden
sich die letzten wissentlichen Trägertiere ganz weit hinten
im Stammbaum, irgendwann in den 70er Jahren. Meiner Theorie
nach, konnten sie keine Trägertiere mehr sein. Zufrieden und
angstfrei erfreute ich mich an meinen nächsten Würfen. Auch
meine beiden neuen Zuchtkatzen schenkten mit zwei gesunde,
muntere Würfe.
Hin und
wieder flackerte auf Mailinglisten die Diskussion um die
Ataxie wieder auf, jeder bedauerte es, ging aber davon aus,
nicht davon betroffen zu sein. Keiner sprach es aus, die
Stimmung ließ keine Zweifel daran, dass die Ataxie eindeutig
ein Problem meiner und einer weiteren US-Cattery ist. Da aus
dieser US-Cattery sehr viele Katzen in die Zucht verkauft
wurden, waren sich die meisten Käufer dieser Katzen schon
noch darüber bewusst, dass sie eine Risikokatze haben, aber
zum einen konnte auch diese Katze zu 50%iger
Wahrscheinlichkeit, frei von diesem Defekt sein und zum
anderen nahmen sie ihre anderen Katzen als trägerfrei an, so
dass sie auch damit erst einmal kein wirkliches Risiko
eingehen würden. Ich glaube der Mensch neigt in solchen
Situationen dazu sich selber zu belügen und die Wahrheit
nicht sehen zu wollen.
Und so
kam, was keiner wahr haben wollte und jeder weit von sich
schob..... Es fielen wieder ataxische Kitten. Nicht in
meiner oder der US-Cattery, sondern bei fremden, bislang
nicht betroffenen Züchtern. Ich erfuhr es eigentlich immer
zu spät, nämlich immer nachdem die Kitten schon
eingeschläfert waren. Die Reaktion auf meine Frage nach
einer Obduktion war immer ähnlich: „Du hast doch schon so
oft obduzieren lassen und es hat doch sowieso nie was
ergeben. Warum also das Geld verschwenden“ oder „Tut mir
leid, dafür habe ich kein Geld. Das ist doch teuer“ oder
sogar „Ich habe vergessen das Kitten obduzieren zu
lassen...“. Wie kann man so was vergessen?? Unfassbar! Ich
konnte diese Ignoranz nicht verstehen. Worum ging es diesen
Züchtern eigentlich? Wo blieb die Verantwortung der Rasse
oder anderen Züchtern gegenüber? Gehört dieses Attribut
nicht auch zu einer verantwortungsvollen Zucht? Ich brauche,
glaube ich nicht zu erwähnen, dass das erneute Vorkommen
jedes weiteren ataxischen Kittens natürlich nicht der
Öffentlichkeit mitgeteilt wurde. Mit jedem weiteren Kitten,
konnte ich traurigerweise die Liste der nachweislichen
Träger erweitern, mit jedem Kitten schrumpften jedoch auch
die angenommenen 20% freien Linien.
Trotzdem
ich noch eine einige gesunde Würfe großziehen und sie
unbeschwert genießen durfte, bewahrheitete sich das was
Lorraine Shelton mir schon vorher prophezeite: „Man kann von
einem rezessiven Defekt nicht wegzüchten.“ Eine meiner letzt
gekauften, mit Bedacht ausgewählten und mit sorgfältiger
Planung verpaarten Zuchtkätzinen, bescherte mir zwei
ataxische Kitten. Ein weiterer Rückschlag, reihte sich in
die Schlange von Zufällen, Rückschlägen und bitteren
Enttäuschungen.
Ich war
müde... Müde über all die Hoffnung, die anschließend immer
in einer tiefen Niedergeschlagenheit endet. Müde über all
die Planungen und Obduktionen, die scheinbar gar nichts
nutzten. Müde darüber bislang immer nur die einzige gewesen
zu sein, die augenscheinlich überhaupt daran interessiert zu
sein schien, den Dingen auf den Grund zu gehen. Will ich
wirklich eine weitere Obduktion? Mit dieser Bekanntmachung
hätte ich ebenfalls zugeben müssen, dass Natur nicht
berechenbar ist und dass statistische Werte wirklich nur
ausgerechnete Wahrscheinlichkeit, keinesfalls aber
Verbindlichkeit bedeutet. In mir kämpfte der Teufel mit dem
Engel. Ich war hin und her gerissen, zwischen verschweigen
und einem erneuten Versuch der Ursachenforschung und
Öffentlichkeitsinformation. Ich beschloss mich erst noch mal
nach meinen medizinischen Möglichkeiten umzuhören. Dazu
sprach ich erneut meinen Tierarzt an. Er reagierte
beunruhigt auf meine Mitteilung wieder ein Wackelbaby zu
haben. In solchen Situationen zahlt es sich aus einen
Tierarzt zu haben, dem man vertraut und auf den man
zählen kann. An dieser Stelle ein dickes DANKE SCHÖN an
meinen Tierarzt, der immer für meine Katzen da ist, dem ich
ausnahmslos vertraue und der sich schon oft für mich
engagiert hat.
Da es
sich offensichtlich um ein neurologisches Problem handelt,
wäre es vielleicht nicht ganz verkehrt, wenn man damit auch
einmal einen neurologischen Spezialisten betrauen würde.
Gedacht, getan.... Ich surfte weltweit im Internet nach
Veterinären, die sich auf Neurologie spezialisiert haben und
fand drei Universitäten mit entsprechenden großen
neurologischen Abteilungen. Zwei in den USA, eine in der
Schweiz (die mir auch mein Tierarzt empfohlen hat) und
schrieb alle drei an, schilderte die Problematik und verwies
auf die Seite meiner Homepage auf der man sich die
Videoclips anschauen konnte. Ich drängelte ein wenig auf
eine baldige Antwort, schließlich drängte die Zeit. Es war
Prof. Jaggy aus der Schweiz, der sich bereit erklärte, eines
meiner Kitten zu untersuchen. Ich war unendlich dankbar und
da war sie wieder..... die Hoffnung! Hoffnung gibt Kraft und
ermöglicht Tatendrang. Prof. Jaggy war nach Ansicht der
Videos relativ sicher, dass es sich um einen Defekt des
peripheren, bzw. zentralen Nervensystems handelt. Er gab mir
Infos für meinen Tierarzt, wie eines der Kitten getötet
werden musste und was und wie Muskelproben, das zentrale und
das periphere Nervensystem zu ihm geschickt werden müsste.
Das andere Kitten verblieb eingefroren in der Praxis meines
Tierarztes. Jetzt hieß es wieder warten.... Warten auf das
Ergebnis dieser Obduktion.
Erneut
wandte ich mich mit meinen Infos an die Öffentlichkeit und
informierte die anderen Züchter, über mein weiteres
Vorgehen. Ebenfalls teilte ich meine Erfahrungen mit und das
selbst, wenn die letzten Träger bereits 15 oder mehr
Generationen zurückliegen, keinesfalls sicher ist, dass die
betreffende Katze kein Trägertier ist. Als dann noch die
Zahlen, von 95% mutmaßlichen Trägertieren, davon ein Drittel
tatsächlicher Trägertiere von Lorraine Shelton bestätigt
wurden, wurden einige Züchter wach. Doch statt Tatendrang
und Energie in die eigentliche, unabänderliche Sache zu
stecken, begannen einige Züchter nach einem Schuldigen zu
suchen. Jemanden, den man dafür verantwortlich machen kann,
an welchem man seine Wut auslässt und nicht schlussendlich
zu vergessen die Züchter, die schon lange auf eine solche
Gelegenheit gewartet haben um der „Konkurrenz“ zeigen zu
können was eine Harke ist. Die Begriffe „Kollegialität“ und
„Gemeinsamkeit“ kann man bei manchen Züchtern sicherlich nur
in einem verstaubten Duden auf niemals gelesenen Seiten
finden.
Die
Entwicklung begann schleichend. Ich bin nicht so blauäugig,
als dass ich mir nicht vorher schon selber an allen 10
Fingern ausrechnen konnte, dass die ataxischen Kitten meiner
Cattery Inhalt des ein oder anderen höhnischen
Lästergespräches zwischen dem ein oder anderen Züchtern sein
würden. Als sich jedoch unbeteiligte Liebhaberinteressenten
bei mir meldeten und bei mir telefonisch um einen Termin
anfragten, damit sie sich mal meine Katzen anschauen
könnten, weil ihnen gesagt wurde, dass sie alle wackeln
würden und nicht mehr laufen könnten, musste ich doch schon
ziemlich schlucken. Ein anderer Züchter hätte es ihnen
gesagt und sie wollten sich solche Katzen einmal angucken,
ob es wirklich so schlimm sei und ob sie einer solch armen
Kreatur nicht doch ein liebes Zuhause bieten könnten. Sie
wollten nur helfen. Bei dem anschließenden persönlichen
Treffen, konnten sich diese Leute von zwei Dingen
überzeugen... Zum Einen davon, dass meine Katzen ganz
normale und gesunde Katzen waren und welche seltsame
Stilblüten Neid und Eifersucht anderer Züchter treiben
konnten.
Immer
öfter kamen mir solche oder ähnliche Aussagen von anderen
Züchtern zu Ohren. Dabei war eine eindeutige Botschaft
herauszuhören, nämlich die hämische Freude, dass es mir
passiert ist und es nun endlich etwas gab was von den
Unzulänglichkeiten der eigenen Zucht ablenkte.
Während
dieser Zeit erreichte mich ein vorläufiger pathologischer
Befund aus Bern. Die erste Verdachtsdiagnose lautete:
Hypomyelinisierung/Demyelinisierung. Nun sollten weitere
Spezialfärbungen für einen Myelin-Nachweis vorgenommen
werden, um diese Diagnose zu bestätigen. Die Myelinschicht
ist ein Bestandteil des peripheren und zentralen
Nervensystems. Sie ist vereinfacht gesagt eine den Nerv
umspannende Schutzhaut, die gewährleisten soll, dass die
elektrischen Impulse des Hirns störungsfrei an den
jeweiligen Endort gelangen. Vergleichbar mit einer
Plastikisolierung um eine elektrische Leitung. Ein
Nichtvorhandensein dieser Schutzhaut führt zu neurologischen
Ausfallerscheinungen, vergleichbar mit denen meiner
Katzenbabies.
Ich
teilte diese frohe Botschaft, endlich etwas gefunden zu
haben, mit den vielen Züchtern im Internet. Die Genetikerin
Lorraine Shelton griff dieses erste Ergebnis auf und setzte
sich mit mehreren amerikanischen Universitäten in
Verbindung, um sie für eine eventuelle molekulargenetische
DNA Analyse zu motivieren. Viele Züchter boten ihre Hilfe an
und waren bestrebt gemäß ihren Möglichkeiten zu
unterstützen. Es sah alles nach einem baldigen Ende dieses
Albtraums aus. Dennoch hieß es auch jetzt erst wieder:
Warten! Warten, auf die Ergebnisse und Auswertungen der
Myelinschnitte.
Währenddessen brodelte die Gerüchteküche weiter. Zwar hinter
vorgehaltener Hand und im Verborgenen, doch jeder Züchter
weiß selber, dass der Klatsch schneller als der Schall ist
und grundsätzlich die betreffende Person erreicht.
Es
vergingen einige Wochen, als meinen Tierarzt mich wie
zufällig in seiner Praxis ansprach, um mir zu sagen, dass
die Auswertung der Myelinschnitte in Bern leider nichts
ergeben hätte. Diese wichtige Information gab er mir mal
eben im Vorbeirennen, bei einem Wechsel zwischen zwei
Behandlungsräumen. Wieder einmal, war all meine Hoffnung mit
einem Liedschlag zu Ende. Diesmal war ich so hoffnungsvoll,
erst recht nach dem vorläufigen Befund und nichts davon
hatte sich bestätigt. Wieder einmal stand ich völlig am
Anfang. Noch am selben Abend teilte ich das
niederschmetternde Ergebnis den Züchtern auf den
Internetmailinglisten mit. Die Reaktion darauf war spärlich,
ich glaube dass sich die Züchter mittlerweile an diese
niederschmetternden Ergebnisse gewöhnt haben. Außerdem war
der Großteil davon, bisher aktiv auch noch nicht davon
betroffen gewesen.
Zwischenzeitlich verging ein weiteres Jahr ohne dass in
meiner Cattery weitere ataxische Kitten geboren wurden.
Mittlerweile habe ich die Hoffnung, dass es mich bitte nicht
mehr treffen sollte völlig aufgegeben. Ich hoffte lediglich
nur, dass die Abstände zwischen zwei ataxischen Kitten so
groß wie irgend möglich sein würden. Hin und wieder hörte
ich meistens hinter vorgehaltener Hand davon, dass der ein
oder andere Züchter auch wieder ein ataxisches Kitten in
seiner Cattery gehabt haben soll. Um mich selber vor
Enttäuschung zu bewahren fragte ich erst gar nicht nach, ob
irgendwelche Obduktionen oder andere Untersuchungen
angestrebt wurden. Es war lediglich eine Frage der Zeit,
dass auch bei mir wieder ein ataxisches Kitten geboren
werden würde. Und so kam es wie es kommen sollte…. Anfang
dieses Jahres befanden sich wieder zwei ataxische Kitten in
einem meiner Würfe.
Fast
schon mechanisch und völlig hoffnungslos, brachte ich sie zu
meinen Tierarzt und bat erneut darum sie zu den Spezialisten
nach Bern zuschicken. Ich kann bis heute nicht sagen warum
ich das habe machen lassen. Ich glaube es war eine Art
Schutz, damit man mir nicht sagen konnte nichts getan zu
haben. Hoffnung auf ein Ergebnis oder vielleicht mehr hatte
ich nicht mehr. Wieder folgte das übliche Prozedere. Anruf
meines Tierarztes in Bern, Präparation des Katzenbabies,
Zusendung, kurze Mitteilung auf den Mailinglisten und
warten. Dies war mittlerweile die sechste Obduktion, warum
sollte ausgerechnet sie ein Ergebnis bringen?
Zwei
Wochen später rief ich persönlich in Bern an und fragte nach
den Ergebnissen. Ich sprach mit der Pathologin, eine
neurologische Spezialistin, welche die Obduktion meines
Kittens vorgenommen hatte. Ihr Name ist Dr. C. Botteron und
heute weiß ich, dass wir ihr alle sehr viel zu verdanken
haben. Sie teilte mir mit, dass es sich um eine
Demyelinisierung handeln würde, dass zwar bis jetzt noch
keine Myelinschnitte vorgenommen wurden, dass sie sich aber
schon sicher ist da es bereits makroskopisch auffällig war.
Jetzt doch eine Demyelinisierung? Ich sagte ihr, dass dieser
Grund bereits bei der letzten Obduktion vermutet wurde, sich
aber nicht bestätigt hätte. Sie erwiderte mir, dass es sich
lediglich deswegen beim letzten Mal nicht bestätigt hätte,
weil das vorhandene Material nicht auswertungsfähig war.
Aber dieses Mal, sei das vorhandene Material in einem
ausgezeichneten Zustand und sie ist sich sicher, dass sich
der vorläufigen Befund der Demyelinisierung bestätigen
würde. Zwei Wochen später bestätigte mir Frau Dr. Botteron,
dass es sich in der Tat um eine Demyelinisierung handelt.
Sie sagte mir, dass die Hauptursache für eine genetische
Demyelinisierung der Myelinhaut in den meisten Fällen eine
Abnormität des MBP Proteins (Myelin-Basisches-Protein)
ist. Dieses und einige andere Proteine sind für die Bildung
der Myelinhaut im embryonalen Entstehungsprozess
verantwortlich. Frau Dr. Botteron erklärte mir, dass sie die
Möglichkeit hätte das MBP Protein zu testen, sollte
allerdings eines der anderen Proteine oder vielleicht sogar
eine Kombination aus mehreren Proteinen für den Defekt
verantwortlich sein, würden ihr leider die notwendigen
Antikörper für die Tests fehlen und somit wären ihre
Möglichkeiten erschöpft. Allerdings würde auch der
anstehende MBP Test noch eine Weile dauern.
Ich
teilte diese freudige Botschaft Lorraine Shelton mit. Ich
war ziemlich aufgeregt, versuchte aber meine Freude und
Hoffnung zu unterdrücken. Lorraine war sicherlich genauso
aufgeregt wie ich, auch wenn wir beide uns fest vorgenommen
haben nicht mehr allzu viel Hoffnung zu investieren. Unsere
Angst vor erneuter Enttäuschung war einfach zu groß.
Lorraine
Shelton gab diesen aktuellen Sachstand den Züchtern auf den
Mailingliste weiter und kümmerte sich sofort darum, andere
Wissenschaftler für unser Problem zu interessieren. Zum
einen brauchten wir eventuell jemanden, der sich
bereiterklärt das defekte Proteinen ausfindig zumachen,
sollte das MBP Protein nicht der Verursacher sein, zum
anderen benötigten wir jemanden der sich bereiterklärt aus
unseren gewonnenen Informationen einen dementsprechenden DNA
Test zu entwickeln.
Während
wir voller Spannung auf das Ergebnis des MBP Testes
warteten, eskalierte derweil die Stimmung auf den
verschiedenen rassebezogenen Mailinglisten im Internet. Auf
Grund der Obduktion war dieser Defekt nun greifbar geworden
und bestätigte meine vormals nur angenommene Theorie des
rezessiven Erbgangs. Die Alibientschuldigungen einiger
anderer Züchter, dass es sich wohl nur um ein virus- oder
toxikologisches Problem bestimmter Catterys handeln würde,
war somit widerlegt. Trotzdem ich jahrelang vorher auf die
möglichen genetischen Zusammenhänge hinwies, reagierten
einige wenige Züchter auf die Neuigkeiten, als hätten sie
zum ersten Mal überhaupt davon gehört. Ihr Beitrag zu
unserem Problem bestand aus einer panikartigen
Stimmungsmache, dem Verteilen von Anschuldigungen, die Suche
nach dem ultimativen Schuldigen und einer Art von skurriler
Selbstinszenierung.
So sollte
ich dazu gezwungen werden die Liste mit den Namen der bisher
gesammelten Trägertiere zu veröffentlichen, damit sie selber
einschätzen könnten, wie groß Ihr eigenes Risiko sei. Alle
Erklärungsversuche von Lorraine Shelton und mir, dass es
keinen Unterschied macht ob ein Trägertier in der 15., 20.
oder ersten Generation im Stammbaum der jeweiligen Katze zu
finden ist, wurden ignoriert. Grundsätzlich hätte ich
persönlich auch kein Problem damit gehabt die Namensliste
öffentlich zu machen, allerdings wurden mir die meisten
Trägertiere mit der Bitte genannt dies nicht zu tun. Es gab
keinen Zweifel daran, dass ich mich an mein gegebenes
Versprechen halten werde, ganz gleich wie groß auch der
Druck von außen sein wird. Natürlich versuchte ich diese
Situation auf den Listen zu erklären, stieß dabei allerdings
auf wenig Verständnis. Die Forderung der wenigen Unruhe
stiftenden Züchter änderte sich dahingehend, dass ich doch
wenigstens die Trägertiere meiner Cattery publik machen und
ins Internet stellen sollten. Natürlich war mir klar warum
ich das tun sollte. Es ging diesen Züchtern nicht um einen
sachlichen Informationsaustausch und um die Bekämpfung
dieses Gendefektes, es ging diesen Züchtern darum diese
Gelegenheit zu ergreifen um mir für Vergangenes einen
Denkzettel zu verpassen. Ihre Wut resultierte daraus, dass
ich mich u.a. vor langer Zeit geweigert hatte ihnen Katzen
aus meiner Cattery zu verkaufen. Warum sonst, wollten diese
Züchter die Namen meiner Trägertiere da sie doch selber
keinerlei potentieller Trägerkatzen meiner Cattery in ihren
Stammbäumen aufweisen konnten? Die Hand voll Züchter, die
Zuchttiere aus meiner Cattery bekommen hatten wurden von mir
persönlich über die Möglichkeit und Zusammenhänge des
ataxische Gendefektes informiert. Fast alle meiner
Trägertiere und deren Nachkommen sind kastriert worden und
wurden als Liebhabertier verkauft. Da ich generell nur sehr
selten Katzen an Züchter verkaufe, war die Anzahl der in die
Zucht gegangenen Nachkommen von Trägertieren (die selber
aber keine sein brauchten) mehr als überschaubar. Warum
sollte ich nun die Namen von meinen Katzen veröffentlichen,
von denen kein einziger Nachkomme jemals zu Zucht eingesetzt
wurde, während meine Ataxieliste Namen von Katzen anderer
Catterys beinhaltete, die auch weiterhin von anderen
Züchtern zu Zucht eingesetzt wurden, die ich aber auf Grund
meines Versprechens nicht veröffentlichen durfte? Würde es
nicht wieder so aussehen als wäre dieser Gendefekt
ausschließlich ein Problem meiner Cattery wenn eine
veröffentlichte Liste nur wieder Namen meiner Katzen
beinhaltete würde? Ich erklärte mich bereit, dass ich alle
Namen meiner Cattery veröffentlichen werden, sobald sich die
meisten der anderen betroffenen Züchter ebenfalls geoutet
haben. Keiner, aber wirklich kein anderer Züchter tat den
ersten Schritt und outete sich und ehrlich gesagt, nachdem
jeder Züchter sehen konnte welche Hetze mit mir betrieben
wurde kann ich Ihre Reaktion verstehen.
Speziell
auf einer Liste, deren Mitglied die schon lange nicht mehr
war, wurden diese Verleumdungen gezielt dazu benutzt um
diese Art der Hetzjagd zu forcieren. Selbst vor einem
öffentlichen Vergleich von mir und dem Nazi Dr. Mengele,
schreckten diese Leute nicht zurück. Mir wurde unterstellt
in einer Art Selbstversuch bewusst für die Verbreitung
dieses Defektes gesorgt zu haben um anschließend eine
gewisse Machtposition zu besitzen. Dass der Grossteil aller
Trägertiere noch nicht mal ein einziges Tier meiner Cattery
in seinen Stammbäumen vorzuweisen hatte, war dabei völlig
uninteressant. Völlig irre Vergleiche und Unterstellungen
wurden mir gemacht, wie etwa die Einkreuzung von
Fremdrassen, die diesen Defekt angeblich schon länger
hätten. Ein kläglicher Selbstschutzversuch, da die Wahrheit,
dass dieser mutierte Defekt bereits in den Foundationtieren
unserer Rasse vorhanden gewesen ist, wesentlich unbequemer
ist, da es sie dann nämlich auch betroffen gewesen wären.
Die Unterstellungen und Beschimpfungen gingen derart unter
die Gürtellinie, dass mich die daraus resultierenden
Emotionen bis in mein privates Leben verfolgten. Ich schäme
mich nicht zu sagen, dass ich so manche Nacht nicht schlafen
konnte und viele bittere Tränen vergossen habe. Ich spielte
mit dem Gedanken meine Zucht nach 17 Jahren zu beenden. 17
Jahre… fast die Hälfte meines Lebens in denen ich viele,
viele Freunde unter den Züchtern gefunden habe und in
welchen mein Hobby zu einem Teil meines Lebensinhaltes
wurde. Ich äußerte mich nicht mehr auf diesen Listen, da ich
feststellen musste, dass all meine Versuche vernünftig über
dieses Thema zu reden dazu führten, dass mir das Wort im
Munde umgedreht wurde und dazu benutzt wurde andere
Listenteilnehmer mit der Verbreitung von Lügen zu
verunsichern. Wie gesagt.... ich rede hier nur von einer
kleinen Handvoll Züchter. Neben den wenigen Züchtern, die
öffentlich Partei für mich ergriffen, verhielt sich der
Großteil der Listenmitglieder still und äußerte sich nicht
einmal zu diesem Thema. Klar, telefonisch und privat
sprachen auch sie mir Mut zu, doch öffentlich getrauten sie
sich nicht Partei zu ergreifen. Die Listen verlassen wollten
sie auch nicht. Als Erklärung kann ich mir nur vorstellen,
dass es der gleiche morbide Antrieb sein muss, der uns
Menschen dazu veranlasst bei einem schweren Verkehrsunfall
hin- statt wegzuschauen, gekoppelt mit einem Gefühl der
Genugtuung, dass man nicht selber in dieser misslichen Lage
steckt und der Portion Neugier, dass man doch etwas
verpassen könnte.
Doch was
half es mir? Ich war am Boden zerstört. Ich habe doch nie
und nimmer etwas Schlechtes für diese Rasse oder andere
Züchter gewollt, abgesehen davon habe ich weder meine Augen
vor der Realität verschlossen, noch etwas unter den Teppich
gekehrt, noch war ich überhaupt verantwortlich für das
generelle Vorhandensein dieses Defektes. Das und mehr
versuchte man mir aber nun anzuhängen. Der Höhepunkt wurde
erreicht, als mir vorgeworfen wurde, nie öffentlich um Geld
gebeten zu haben. Es sei purer Egoismus von mir alles selbst
bezahlt zu haben und diene nur einem Zweck, nämlich der
Erreichung einer Art Heldenstatus. Ich wolle wohl der Retter
unserer Rasse werden und dementsprechend ruhmvoll in die
historischen Analen eingehen. Unglaublich! Während ich noch
vorher einen großen Teil meiner kostbaren Freizeit damit
verschwendet habe mich schriftlich gegen die anderen
Unterstellungen zu wehren, blieb mir jetzt schlicht und
einfach die Spucke weg. Mit einem Mal kamen mir meine ganzen
Rechtfertigungsversuche so unendlich lächerlich vor. Wofür
rechtfertigte ich mich hier eigentlich? Es ging diesen
Leuten doch gar nicht darum ernsthafte Zweifel mir gegenüber
vorzubringen, die es zu zerstreuen galt. Mir wurde
schlagartig klar, worum es überhaupt ging.... Es ging um
ihre Angst, dass ich durch mein Handeln zu mehr Anerkennung
gelangen könnte. Es ging schlicht weg um Missgunst, Neid und
Eifersucht und wie weit diese Leute dafür bereit waren zu
gehen, durfte ich nun am eigenen Leib ausbaden.
Die
Anspannung der letzten Tage und Wochen forderten ihren
Tribut. Ich wollte nicht mehr... Ich wollte nur noch dieses
ganze Theater beenden. Ich kämpfte und schrieb mir die
Finger wund für diese Leute und war wütend auf all die
stillen Mitleser auf den Listen, die nicht in der Lage waren
gemeinsam diesem ganzen Spuk ein Ende zu setzen. Es gab
niemals Zusammenhalt zwischen den Züchtern unserer Rasse,
noch nicht einmal in diesen Stunden. Traurig! Okay...
scheinbar wollte niemand etwas gegen diesen Gendefekt
unternehmen, scheinbar waren meine Bemühungen unangenehm,
scheinbar kochte jeder lieber sein eigenes Süppchen. Ich war
es der diesen Aufriss gestartet hat und ich konnte ihn auch
beenden. Wütend, enttäuscht und traurig wollte ich diesen
wichtigen laufenden Test stoppen und alles beenden. Sollten
Sie doch alle selber gucken wie sie zukünftig mit diesem
Defekt klar kommen! Ohne mich, auf meine Hilfe brauchte
niemand mehr zählen. Gleich am nächsten Tag wollte ich in
Bern anrufen und alles abblasen, auch die Blutproben und
eingefrorenen Kitten bei meinem Tierarzt wollte ich
wegwerfen, bzw. beerdigen. Ich wollte nur noch meine Ruhe
und nie wieder das Wort Ataxie hören müssen, ich wollte raus
aus der Schusslinie und wollte mich nicht mehr mit den irren
und kranken Gedankengespinsten von eifersüchtigen Menschen
auseinander setzten müssen.
Dieser
Defekt würde in Kürze immer öfter auftreten auch bei all den
Züchtern die sich als unbetroffen annahmen. Dann können sie
sich ja alle an die Unruhestifter wenden und sich von denen
weiterhelfen lassen. Warum sollten Menschen von mir
profitieren, die mir am Liebsten sonst was an den Hals
wünschten? Ich wollte kein Held sein, geschweige denn
erwartete jemals ein Danke Schön. Ich wollte lediglich keine
ataxischen Kitten mehr in meinen Würfen und dachte
eigentlich, dass alle anderen Züchter auch so empfinden
würden. Ich war raus aus dem Geschäft, sollten Sie doch
alleine weitermachen. Ohne mich, ohne meine Blutproben, ich
wollte nur noch meine Ruhe und insgeheim auch den
letztendlichen Triumph sagen zu können: „Hättet ihr damals
mal nicht......!“ Ich gönnte es diesen missgünstigen
Menschen einfach nicht, anschließend, trotzdem dem sie mir
so viele Steine in den Weg legten, auch von dem Test
profitieren zu können.
Ich
teilte meinen Entschluss meinen engsten Freunden mit. Einzig
und alleine ihnen ist es zu verdanken, dass ich meinen
Entschluss nicht durchgesetzt habe. Sie sprachen mir Mut zu
und bauten mich auf. Stundenlange Telefongespräche, viele
aufmunternde Worte und das Bewusstsein auf seine Freunde
zählen zu können, gaben mir das nötige Durchhaltevermögen.
Nach
meinem emotionalen Einbruch fühlte ich mich stärker als
zuvor. Ich sollte diesen Menschen die Verantwortung meiner
Rasse überlassen? Was sollte das bringen? Nein, ich wollte
nicht kapitulieren! Ich brauche keinen Dank und habe das
auch nie erwartet, von niemanden, erst recht nicht von
solchen Neidern. Ganz im Gegenteil, ich habe ihnen zu
danken, denn ohne ihr fortwährendes gemeines Handeln, wäre
mir wahrscheinlich niemals bewusst geworden, wie verloren
meine Rasse wäre, wenn sie auf die Initiative von solchen
Züchtern angewiesen gewesen wäre. Ich sollte das Schicksal
meiner Rasse in deren Hände legen? Nie im Leben!
Fast
zeitgleich erreichte mich eine fantastische Neuigkeit, auch
wenn sie noch einen kleinen Dämpfer enthielt: Der Test mit
dem MBP-Protein zeigte eine Anomalie! YEAH! Besser als das
man wieder nichts gefunden hätte. Allerdings bedurfte es, um
sicher gehen zu können noch einer Kontrolluntersuchung eines
gleichalten, gesunden (nicht ataxisch und auch nicht Träger)
Kittens meiner Rasse, um wirklich rasse- und
alterspezifische Anomalien ausschließen zu können.
Nun ging
alles sehr schnell. Lorraine Shelton motivierte den
amerikanischen Wissenschaftler Dr. Duncan, der sich spontan
bereit erklärte einen PCR Test für diesen Defekt zu
entwickeln. Er setzte sich mit Frau Dr. Botteron in
Verbindung um gemeinsam die Testentwicklung voranzutreiben.
Auch eine Kontrolluntersuchung erfolgte mittlerweile an
einem gleichalten Hauskatzenbaby, welches die Diagnose von
Frau Dr. Botteron bestätigte. Ebenfalls übergaben
verschiedene andere verantwortungsvolle Züchter die toten
Körper zwischenzeitlich geborener ataxischer Kitten Dr.
Duncan zu Forschungszwecken.
Alles
sieht danach aus, dass wir sehr bald einen Test zur
Verfügung haben werden. Ich kann es kaum abwarten und bin
voller Hoffnung, dass diese Odyssee nun bald ein Ende haben
wird. Sicherlich sind noch Unsicherheitsfaktoren vorhanden,
die wieder alle Hoffnung zerstören könnten. Z.B. könnten
noch ein oder mehrere weitere andere Proteine an dem Prozess
beteiligt sein...... dennoch schaue ich nun voller
Zuversicht in die Zukunft und bin mir fast sicher, dass es
nicht der Fall sein wird, da der Erbgang so eindeutig ist.
Das wir
überhaupt bis hierhin gekommen sind, ist der Zusammenarbeit
und Gemeinschaftlichkeit vieler Züchter, Wissenschaftlern
und Freunden zu verdanken. Ganz besonders Danken möchte ich
Frau Dr. Botteron und Herrn Dr. Duncan, dafür, dass sie sich
unseres Problems angenommen haben und für uns den Durchbruch
geschafft haben. Lorraine Shelton dafür, dass Sie
unermüdlich den vielen lernwilligen Züchtern genetische und
wissenschaftliche Zusammenhänge mit einfachen Worten
verdeutlicht hat und Dr. Duncan für uns motivieren konnte.
Meinen vielen Freunden, die mir mit ihren netten
aufmunternden Worten, die Kraft zum Weitermachen gaben,
insbesondere G., B. und U.
Auch wenn
ich an den Böswilligkeiten zweier Züchter fast zerbrochen
bin, würde ich meinen gegangenen Weg jederzeit wieder
beschreiten und einen Verdacht eines erblichen Gendefektes
veröffentlichen. Denn nur durch die gemeinschaftliche
Zusammenarbeit wird uns in letztendlicher Konsequenz den
Test ermöglichen.
Den
Unruhestiftern möchte ich folgendes ans Herz legen: Wessen
einziger Antrieb es ist, schadenfroh mit Finger auf Züchter
zu zeigen, die allem Anschein nach eine kranke Katze
gezüchtet haben, schadet nicht nur der betreffenden Person,
sondern noch viel mehr dem Anliegen eine Rasse gesund zu
erhalten.
Adressen zu diesem Thema:
Lorraine Shelton:
featherland@earthlink.net
Dr. med. vet.
Catherine Botteron, Ph.D., Dipl ECVP:
catherine.botteron@itn.unibe.ch
Ute Kunze:
ute_kunze@hotmail.com
Letzte Neuigkeiten:
Untersuchungen von Dr. Duncan ergaben
zwischenzeitlich, dass es nicht nur ein Myelindefekt zu sein
scheint. Ebenfalls scheinen die Axone (länglicher Fortsatz
einer jeden Nervenzelle) deformiert zu sein. Leider bedeutet
es für uns, dass sich die Entwicklung eines DNA Testes doch
noch verzögern wird.
Nachdem dieser
Artikel veröffentlicht wurde, sandte ein kleines, fleißiges
Helferlein ganz flink eine Kopie des Artikels an die
Türkisch Angora Züchterin Staudal. Ich zitiere hier nun die
Antwort, die Frau Staudal am Sat, 23 Oct 2004 09:33:12 EDT
an die Turkish_AngoraEB List schrieb:
[...] Na, das
ist ja toll das die Kunze unsere Rasse dermassen in den
Dreck zieht. Nun wird keiner mehr kittens verkaufen koennen,
da die Leute ja denken muessen, die turks sind alle defekt!
Was glaubt die eingentlich, wer sie ist? Die schadet uns
dermassen, das es zum Himmel schreit. Was macht ihr Zuechter
gegen diese Frau??? Ist es nicht zeit sie endlich zu
stoppen?? [...]
Ich denke,
dass dieses Zitat für sich spricht und ich es nicht noch
kommentieren muss.
♥
Dieses Herzchen ist für das Fleißkärtchen des kleinen,
fleißigen Helferleins, dass einmal ein
Türkisch-Angora-Züchter werden möchte und dessen bisheriges
einziges sichtbares Engagement daraus bestand diese
Hexenjagd zu schüren.♥
Ein weiteres Fleißherzchen für sein geschicktes Verbergen,
seines ansonsten bigotten, hinterlistigen Verhaltens.
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