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Chlamydiose
- ein Schweigefall?
von Manuela Becker,
Diana Jess, Jutta Minor aus Unsere Katze
Erfahrungsbericht einer
Norwegerzüchterin, der sich mit meinen Erfahrungen deckt.
Aller
Anfang ist schwer...
Der
Gedanke, eine ursprüngliche und naturbelassene Rasse zu
züchten, wurde durch meinen ersten Norwegischen
Waldkater, den ich als Liebhabertier erwarb, geweckt.
Diese Rasse zog meine ganze Aufmerksamkeit auf mich. Um
mehr über diese wilde Schönheit zu erfahren, studierte
ich jegliche Fachliteratur, die ich in die Hände bekam.
Auch interessante Artikel, die in Katzenzeitschriften
erschienen, verschlang ich geradezu. Die Begeisterung war
bei mir schließlich so groß, dass ich den Entschluss
fasste, Norwegische Waldkatzen zu züchten...
Züchter
werden ist nicht schwer - oder doch?
Also
folgte der zweite und beschwerlichste Schritt, die Auswahl
einer Zuchtkatze. Natürlich sollte es eine
unbeschreibliche Schönheit sein und typvoll - keine
Frage. Doch hat man als Anfänger schon den Blick für das
Typvolle? Sicher, die Theorie schien ich einigermaßen zu
beherrschen, doch die Praxis sieht immer etwas anders aus
...
Als
erstes knüpfte ich telefonische Kontakte zu einigen Züchtern,
und was ich da teilweise erlebte, konnte einem fast die
Lust am Züchten verleiden. So mancher Züchter erzählte
mir sehr ausführlich, daß selbstverständlich er die
besten Katzen mit den tollsten Linien besäße, und um
diese Aussage zu unterstreichen, wußte man gleich noch
diese und jene schlimme „Geschichte" über Züchter
A und Zwinger B zu berichten. Ich möchte gar nicht weiter
ins Detail gehen, denn ich denke, daß jeder, der sich zur
Zucht entschließt, früher oder später Bekanntschaft mit
solch „informativen" Kollegen macht. Verunsichert
durch so viel Gerede entschloß ich mich, eine Katze aus
dem Ausland zu kaufen. Zum einen trat man damit keinem
deutschen Züchter auf die Füße (und das möchte man zu
Beginn seiner Zucht ja sowieso vermeiden), zum anderen rätselte
ich, ob es nicht besser sei, gleich eine Katze aus dem
Ursprungsland der Rasse zu nehmen? Schließlich will man
doch am Anfang alles besonders richtig machen.
Wo
finndet man die richtige Zuchtkatze?
Da
wir unseren Sommeruriaub sowieso in Norwegen verbrachten,
wollte ich diese Gelegenheit nutzen, um einige Züchteradressen
ausfindig zu machen, In Oslo angekommen, stürmte ich
gleich den nächsten Zeitungskiosk.
Hilflos
wühlte ich mich durch Massen von Zeitschriften, als mein
Herz einen Luftsprung machte. Auf dem Titelblatt einer
Zeitschrift stand in großen Buchstaben „CATS". Ich
zog das Heft hervor und stellte - im Gegensatz zu meinem
Mann - voller Enttäuschung fest, daß es sich darin um
die weiblichen Zweibeiner der Spezies „Mensch"
handelte.
Selbst
nach zwei Wochen Urlaub war es mir nicht gelungen, auch
nur eine einzige Züchteradresse ausfindig zu machen. Der
einzige Trost war, daß mir auf dem Zeltplatz zwei wilde
Katzen mit längerem Fell begegnet waren, die mit etwas
Phantasie an Norweger erinnerten.
Wieder
in Deutschland angekommen, geriet ich durch eine Annonce
an eine sehr nette und hilfsbereite Züchteranfängerin,
Sie hatte sich gerade eine Katze aus einer kleinen dänischen
Hobbyzucht gekauft und konnte mir einige Adressen dänischer
Züchter vermitteln. Ich begann sofort Kontakte
aufzunehmen und bekam endlich den lang ersehnten Brief mit
Fotos und Stammbaumkopien aus Dänemark. Da ich in der
Auswahl meines Zwingers sichergehen wollte, versuchte ich
bei meinem Verein und einigen deutschen Züchtern über
diesen dänischen Zwinger Informationen einzuholen. Diese
brachen mich jedoch nicht viel weiter. Als einziges
konnte ich in Erfahrung
bringen, daß es eine etwas größere Zucht sei, aber
Genaues wüßte man nicht.
Ich
blieb mit den dänischen Züchtern in Kontakt und erfuhr,
daß sie zu einer Ausstellung nach Deutschland kämen. Um
deren Katzen live zu sehen, fuhren wir dorthin. Erstaunen
und Verwunderung packten mich, als wir
in einen Wohnwagen eingeladen wurden, um die vielen Kätzchen,
die da rumkrabbelten, zu bewundem. Katzenverkauf aus dem
Wohnwagen??? Erste Zweifel...
Die
Katze aus dem Caravan
Doch
ihre nette, offene und - wie es uns schien - auch ehrliche
Art, unsere Fragen zu beantworten, zerstreuten nach und
nach unsere Zweifel. Ihr Wissen über Genetik und wie sie
ihre Erfahungen über Krankheiten ihrer Katzen
preisgaben, ließen auch die letzten Bedenken
verschwinden. Nach einiger Überlegung entschlossen wir
uns zum Kauf eines Torbie-Waldkatzenmädchens.
Voller
Stolz kamen wir mit unserer Schönheit (Petra) nach Hause,
wo sie auch gleich mit kräftigem Fauchen und Brummen von
unseren Kastraten artgerecht empfangen wurde.
Auf
die erste Freude folgte eine Zeit der Sorge, denn Petra
hatte mit hartnäckigem Durchfall zu kämpfen. Diät und
Medizin, die ich mir extra aus Dänemark schicken ließ,
nutzten nichts. Bis ich
eines Tages den wahren Grund des Übels deutlich vor mir
sah:
Ein
Wurm schmückte in voller Länge ihr schön behaartes
Hinterteil. Kein Problem: Wurmpaste her und das Übel an
der Wurzel gepackt. Das hätten wir überstanden, dachte
ich. Doch so wie im richtigen Leben gibt es immer noch
eine Steigerungsform.
Chlamydien
positiv!
Kurze
Zeit später bekam Petra hohes Fieber, das linke Auge
eiterte und näßte, und bald darauf fiel die Nickhaut
ein. Zwei Tage später war auch das rechte Auge betroffen;
Petra bot ein Bild des Jammers. Ein Gang zum Tierarzt und
der durchgeführte Zellabstrich am Augenlid brachten das
Ergebnis: „Chlamydien positiv". Ja, was in aller
Welt sind denn Chlamydien? Ich erkundigte mich bei einigen
Züchtern, doch keiner konnte mir helfen: „Nein, so
etwas haben wir noch nie gehabt. Das ist ja schrecklich!
Damit kannst du aufhören zu züchten, denn dein ganzer
Bestand ist ja 'verseucht'."
Chlamydien
-wie FIP ein Tabuthema und Schweigefall?
Zu
dieser Zeit hatte ich neben Petra noch meine beiden
Kastraten. Mein Waldkater war ebenfalls bald infiziert,
mein Birmchen wurde zum Glück verschont. Ich rief Petras
Züchter an. Zu meiner Überraschung äußerten sie, daß
alle ihre Jungtiere (inzwischen wußte ich, daß teilweise
mehr als 100 Kitten waren) chlamydiengeimpft abgegeben würden!
Auf meine Frage, weshalb denn Petra erkrankt sei, meinten
sie, diese Impfung schütze nur ganze drei Monate. Ein
Blick in den Impfpaß zeigte das Gegenteil, Petra hatte
nur eine Dreifach-Impfung erhalten
(Katzenschnupfen/-seuche/Tollwut). Von Chlamydienimpfung
keine Spur! Warum diese Lüge? Ich war unbeschreiblich
sauer! Und wie es doch immer so ist, lief wie ein
Lauffeuer, quasi als „Entschädigung", die
Nachricht unter den Züchtern rum:
„Wußtest
du schon, die hat Chlamydien!" Na ja, wie heißt es
so schön, „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz
ungeniert!"
Schließlich
fand ich doch noch einige Züchter, die offen und ehrlich
erzählten, vor dem gleichen Problem gestanden zu haben.
Warum auch nicht? Chlamydien kann sich jeder schnell
einfangen. Man kann sie sich mit den Schuhen von der Straße
in die Wohnung einschleppen. Sie können aber auch durch Vögel,
die Ausscheider sind, übertragen werden.
Chlamydien?
Was ist das?
Ich
erfuhr, daß Chlamydien (vom griechischen „Chlamys"
= im alten Griechenland Mantel der jungen Männer; ohne Gürtel
getragen, rechteckiges Wolltuch) sehr kleine Bakterien mit
Zellwand und Zweiteilung, aber ohne eigenen energieliefernden
Stoffwechsel sind, weshalb sie sich nur im Zytoplasma der
Zellen höherer Organismen vermehren können. Früher
wurden sie zu den „großen Viren" gerechnet. Sie
befallen mit Vorliebe Schleimhäute der Luft- und Atemwege
und der Augen. In Indien ist dies eine häufig
vorkommende Augenkrankheit bei den Menschen. Sicher
bekannt ist die sogenannte ,,Papageienkrankheit",
auch eine Chlamydieninfektion, die von den
bakterienartigen Mikroorganismen durch Einatmung zerstäubter,
erregerhaltiger Ausscheidung befallener Vögel (Papageien,
Wellensittiche) übertragen wird, ohne daß die Tiere
selbst erkrankt sein müssen. Es ist auch möglich, daß
Chlamydien mit hohem Fieber ausbrechen, die Luftwege
befallen und die Katze schwer oder ungleichmäßig atmet.
Auf
jeden Fall muß bei dieser Infektion mit Bedacht umgeganen
werden, da auch ein Übertritt auf den menschlichen
Organismus möglich ist. Der Krankheitsverlauf beim
Menschen ist unterschiedlich, beginnt häufig mit einer
Grippe, die sich zu einer Lungenentzündung entwickeln
kann. Die Heilung beansprucht lange Zeit. Ein Zell- oder
Bluttest bei der kranken Katze muß die Diagnose bestätigen,
damit sofort mit der richtigen Behandlung begonnen werden
kann.
Bei
den Katzen sind Chlamydien keine seltene Krankheit, leider
oft fehldiagnostiziert und erst dann hochinfektiös, wenn
die Krankheit ausgebrochen ist, z.B. die Augen eitern. Wie
ich in Erfahrung brachte, bietet eine Chlamydienimpfung
keinen hundertprozentigen Schutz, und außerdem kann es
zum Durchbruch kommen oder auch dazu führen, daß dieses
Tier „Ausscheider" (Überträger) wird. Tierärzte
meinen sogar, daß 70 Prozent aller Katzen
chlamydien-infiziert seien, es aber zeitlebens nie zum
Ausbruch kommt. Und somit ist klar: Es kann wirklich jeden
treffen! Aber dennoch: Einer Zucht mit einem einst
chlamydieninfizierten, aber geheilten Tier steht absolut
nichts im Wege. Leider wird, um das Problem
herunterzuspielen, von einigen Züchtern in bezug auf
Chlamydien schnell ein triefendes Auge einfach als
Bindehautentzündung hingestellt oder, noch besser,
behauptet, die Kitten hätten sich beim Spielen verletzt
... ja, ja ... wer kennt diese Worte nicht?
Zwar
ist die Therapie gegen Chlamydien
sehr langwierig,
doch unter Anleitung meiner hervorragenden Tierärztin und
dank der Ratschläge der hilfsbereiten Züchter haben wir
gemeinsam diese Krankheit besiegt. Nach
drei Monaten Behandlung war es geschafft, und endlich kam
der langersehnte Befund „Chlamydien negativ".
Heute
(zwei Jahre später) habe ich dank einer Freundin und
einer befreundeten Züchterin, die dieselben Erfahrungen
machen mußten, weitere Therapien kennengelernt.
Mehr
Zusammenhalt für die Katzen!
Wir
würden uns sehr wünschen, daß mehr Züchter den Mut fänden,
andere von ihren Erfahrungen - egal welcher Art -
profitieren zu lassen. Ein freundschaftliches
Miteinander und nicht Gegeneinander käme uns allen
zugute, vor allem unseren Katzen.
Informationen |
Chlamydia
pSittaci, so heißt die Art der Chlamydien,
die für Tiere Bedeutung hat, kommt weltweit vor.
Bei 130 Vogelarten ist das Auftreten bereits
beschrieben, aber auch bei mehr als 32 Säugetierarten
kann der Erreger vorkommen. Bei Untersuchungen im
deutschsprachigen Raum wurden bei bis zu 32 Prozent
der untersuchten Katzen spezifische Antikörper
gegen Chlamydia psittaci gefunden. Die Erkrankung
tritt gehäuft bei jungen Tieren und in Zuchten auf.
Nach einer Inkubationszeit von fünf bis zehn Tagen
kommt es bei dieser Erkrankung zu einer meist
einseitigen Bindehautentzündung und vermehrtem
erst flüssigem, später dickeitrigem Ausfluß.
Dabei sind die Bindehäute des Auges geschwollen und
gerötet. Nach ungefähr einer Woche ist auch das
zweite Auge in Mitleidenschaft gezogen. Katzen, die
solchermaßen erkrankt sind, haben teilweise Fieber
(bis 40,5 °C), sowie Schnupfen, Niesen und Husten.
Daher wird dieses Krankheitsbild auch zum
sogenannten Katzenschnupfenkomplex zugeordnet. In
schwer verlaufenden Fällen kann es auch zu einer
Lungenentzündung oder - wie in wenigen Fällen
beschrieben - zu einer Bauchfellentzündung kommen.
Ist
die Erkrankung erkannt, stehen dem Tierarzt wirksame
Medikamente zur Therapie zur Verfügung. Eine
genaue Bezeichnung der Präparate erfolgt an dieser
Stelle bewußt nicht, da die Behandlung immer in die
Hände eines Tierarztes gehört. Wichtig ist, daß
die Behandlung konsequent durchgeführt wird, und
zwar so lange, wie es der Tierarzt empfiehlt.
Oftmals ist diese Behandlung noch 14 Tage nach dem
Abklingen der klinischen Symptome notwendig. Gegen
diese gefürchtete Erkrankung steht mittlerweile
auch ein zugelassener Impfstoff zur Verfügung,
welcher aber wie alle Impfstoffe keinen
hundertprozentigen Schutz gewährleistet. |
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