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Die Wirksamkeit von Lufenuron
(Program®) in der Therapie von Dermatophytosen und
superfizialen Dermatomykosen bei Hunden und Katzen
Anja Hildebrandt
(mit freundlicher Genehmigung der Autorin)
In Kürze
Das in die Chilinsynthese eingreifende Lufenuron (Program®),
welches ursprünglich für die Therapie und Prophylaxe von
Flohbefall bei Hund und Katze entwickelt wurde, stellt eine
neue, nebenwirkungsfreie Behandlungsmethode in der Therapie
von Dermafophytosen und oberflächigen Dermatomykosen dar.
Besondere Bedeutung muss den Rahmenbedingungen des
entsprechenden Bestandes beigemessen werden, um mit einer
adäquaten Dosierung und angemessenen flankierenden
Maßnahmen, insbesondere lokalen Behandlungen betroffener
Hautareale und hygienischer Umgebungsbehandlungen, einen
optimalen Behandlungserfolg erzielen zu können. Die Arbeit
gibt einen Überblick der aktuellen wissenschaftlichen
Literatur.
Einleitung
Oberflächliche Mykosen, die in Dermatophytosen, in erster
Linie durch Mikrosporum canis, Microsporum gypseum und
Trichophyton mentagrophytes ausgelöst, und Dermatomykosen,
verursacht durch Nicht-Dermatophyten wie z.B. Malassezia
pachydermatis und Candida sp., unterteilt werden, stellen
bei Hunden und Katzen, insbesondere bei Gruppenhaltung und
in Zuchten, ein häufiges Problem dar (PETERS, 1999, KRAFT,
2000; PATERSON, 2000; STANNARD et al., 2000). Einmal in
einen Bestand eingeschleppte Infektionen können sich über
lange Zeit halten, da eine Infektion nicht zwingend
klinische Symptome nach sich zieht und diese symptomlosen
Carrier immer wieder Infektionsquellen darstellen und
darüber hinaus über viele Monate infektiöse Pilzsporen in
der Umgebung verteilen (KRAFT, 2000; GRAM, 2000; STANNARD et
al., 2000;
GUILLO Tetal.,2001;). Besonders langhaarige Katzenrassen,
wie z.B. Perserkatzen, aber auch Katzenwelpen zeigen ein
erhöhtes Risiko für derartige Infektionen (KRAFT, 2000;
STANNARD et al., 2000, GRAM, 2000;). Des weiteren sind
prädisponierenden Faktoren wie hohe Populationsdichte, das
Immunsystem beeinflussende Erkrankungen (z.B. FIV und FeLV),
immunsuppressive Medikamente (z.B. Kortikosteroide),
Mangelernährung, unzureichendes hygienisches Management und
mangelnde Quarantänemaßnahmen von große Bedeutung (PATERSON,
2000, GRAM, 2000).
In der
Therapie oberflächlicher Mykosen kommen lokale Maßnahmen
(Scheren, Baden mit fungizid wirkenden Shampoos, örtlich
wirkende Antimykotika etc.), systemisch wirkende
Antimykotika, vor allem Amphotericin B, Griseofulvin,
Ketoconazol, Itraconazol und Fluconazol, sowie
Umgebungsmaßnahmen zum Einsatz (PETERS, 1999, KRAFT, 2000;
STANNARD et al., 2000; GRAM, 2000). Häufig limitierende
Faktoren sind hierbei die oft lange Behandlungsdauer, die
zahlreichen möglichen Nebenwirkungen und die hohen Kosten
der Therapie (KROKER, 1994; GRAM, 2000; STANNARD et al.,
2000). Aus diesen Gründen werden die eingeleiteten
Therapiemaßnahmen oft nicht mit der notwendigen Konsequenz
durchgeführt (MORIELLO, 1996).
Wirkungsprinzip von lufenuron (Program®)
Lufenuron, ein zu der Gruppe der Benzoylhamstoffe zählender
Wirkstoff, greift in die Chitinsynthese ein und führt zu
einer Hemmung der Bildung dieses Stoffes. Ursprünglich wurde
das Medikament entwickelt, um die Entwicklung des Flohes
(z.B. Ctenocephalides felis felis, Ctenocephalides canis und
Archaeopsyllae erinacei), bei dessen Entwicklungsstadien
Chitin u.a.im Exoskelett vorkommt, zu hemmen. Nach oraler
Applikation wird der Wirkstoff enteral resorbiert und
gelangt in die Blutbahn, von wo aus er von adulten Flöhen
mit der Blutmahlzeit aufgenommen wird.
Die Wände von
Pilzzellen sind ebenfalls aus komplexen Polysachariden, in
erster Linie aus Chitin, aufgebaut, was die Möglichkeit
eines Ansprechens auf einen Chitinsynthesehemmer nahe legt (BEN-ZIONY
und ARZI, 2000).
Einsatz von Lufenuron als
Antimykotikum
Erstmalig wurde Lufenuron von BENZIONY und ARZI (2000) als
Antimykotikum eingesetzt. Grundlage des Einsatzes von
Lufenuron bei oberflächlichen Dermatomykosen waren die
Ergebnisse einer retrospektiven Computeranalyse von Hunden
und Katzen, die auf Grund einer Flohbehandlung mit Lufenuron
therapiert worden waren und niemals Anzeichen einer
oberflächlichen Pilzinfektion gezeigt hatten.
Auf der Basis
dieser Daten erfolgte die Hypothese, dass Lufenuron mit
seiner nachgewiesenen chitinsynthesehemmenden Wirkung eine
mögliche Therapiemethode in der Behandlung von
Dermatophytosen und oberflächlichen Dermatomykosen
darstellen könnte (BEN-ZIONY und ARZI, 2000).
Therapieschemata
Im Rahmen der Prophylaxe und Therapie von Flohinfestationen
wird vom Hersteller eine Dosierung von 30 mg/kg
Körpergewicht für Katzen und 10 mg/kg für Hunde empfohlen.
BEN-ZIONY und ARZI (2000) führten in ihrer Studie eine
ausschließliche Therapie mit einer einmaligen Gabe von
Lufenuron ohne begleitende Maßnahmen bei mit Hautpilzen
infizierten Katzen durch (Tabelle l).
Hierbei wurden
Katzen bis zu einem Gewicht von 2,5 kg mit l Tube Suspension
(133mg), zwischen 2,6 und 5 kg mit 2 Tuben (266mg) und bei
über 5 kg mit 3 Tuben (399mg) behandelt. Dies entspricht
einer minimalen Dosis von 51,2 mg/kg Körpergewicht. Im
extremsten Fall erhielt eine Katze 266 mg/kg Körpergewicht.
Hunde wurden in gleicher Form einmalig therapiert, wobei
Tiere bis zu einem Körpergewicht von 3 kg 2 Tabletten a 67,8
mg (135,6mg) und Tiere zwischen 3 und 39 kg erhielten von l
Tablette mit 204,9 mg bis zu 5 Tabletten a 409,8 mg
ansteigende Dosierungen. Es wurde hierbei eine minimale
Dosis von 46,8mg/kg Körpergewicht nicht unterschritten.
Maximal wurden 68,3 mg/kg KGW verabreicht. s. Tabelle l:
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Tabelle 1: Lufenuron-Dosierung für Katzen nach
BEN-ZIONY und ARZI, 2000 |
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Körpergewicht:
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Lufenuron-Dosierung:
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< 2,6 kg |
133 mg |
2,6 bis 5 kg |
266 mg |
> 5 kg |
399 mg |
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Im Jahre 2001
korrigierten BEN-ZIONY und ARZI im Anschluss an zahlreiche
Rückmeldungen ihre ursprüngliche Dosierungsempfehlung, da
sich herausgestellt hatte, dass insbesondere in
Katzenzuchten und Gruppenhaltung die bisher empfohlene Dosis
oft nicht ausreichend ist. Katzen in Zuchten sollten demnach
mit 100 mg/kg Körpergewicht behandelt werden, wobei alle
Tiere in diesem Bestand zeitgleich therapiert werden
sollten, um auch dem Problem symptomloser Carrier Rechnung
zu tragen. Eine Umgebungsbehandlung sollte außerdem
durchgeführt werden. Ebenfalls wird auf das Problem von
immunsupprimierenden Erkrankungen, vor allem FeLV-und FIV-
Infektionen hingewiesen. Um die Tiere vor einer möglichen
(Neu-) Infektion zu schützen wird eine monatliche Gabe von
130 mg angeraten. Bei Hauskatzen in Einzelhaltung oder
kleinen Beständen wird eine Dosis von nicht unter 80 mg/kg
angeraten. Gleiches gilt auch für Hunde (80 mg/kg). Für eine
Rezidivprophylaxe wird sowohl für den Hund als auch für die
Katze eine zweite Gabe in gleicher Dosierung nach 14 Tagen
empfohlen. s. Tabelle 2:
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Tabelle 2: Korrigierte Lufenuron-Dosierung für
Katzen nach BEN-ZIONY und ARZI, 2001 |
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Tierart:
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Lufenuron-Dosierung:
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Hund |
80 mg/kg |
Katzen in häuslicher Umgebung |
80 mg/kg |
Katzenzuchten bzw. Gruppenhaltung |
110 mg/kg |
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GUILLOT und
Mitarbeiter (2001) erprobten den Einsatz von Lufenuron bei
Katzen mit einem positiven Microsporum canis Befund. Im
Gegensatz zu BEN-ZIONY und ARZI (2000 und 2001) kombinierten
sie die Therapie mit einer lokalen Behandlung (Enilkonazol
0,2% lokal l mal wöchentlich über 5 Wochen) und einer
Umgebungstherapie (Enilkonazol und Einsatz eines
Dampfreinigers). Lufenuron kam mit einer Dosis von 60 mg/kg
zweimal im Abstand eines Monats zum Einsatz. Die in die
Studie einbezogenen Katzen waren alle FeLV und FIV negativ
getestet und wurden für die Dauer der Behandlung separiert
gehalten. s. Tabelle 3:
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Tabelle 3: Therapiemodel der Microsporum Canis
Behandlung bei der Katze nach GUILLOT und
Mitarbeiter, 2001 |
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Medikament:
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Dosierung:
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Lufenuron |
60 mg/kg 2 x im Abstand eines Monats |
Enilconazo 10,2 % |
Lokal einmal wöchentlich über 5 Wochen |
Umgebungsbehandlung |
Einmal wöchentlich über einen Monat |
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Therapieerfolg
Bei den von BEN-ZIONY und ARZI (2000) mit der ursprünglich
empfohlenen Dosis behandelten Hunden konnte im Falle einer
Dermatophytose nach 10 bis 11 Tagen ein Wiedereinsetzen des
Haarwachstums und nach 16-21 Tagen eine vollständige
klinische Heilung verzeichnet werden. Täglich durchgeführte
mykologische Kulturen erbrachten im Mittel nach 6,25 Tagen
ein negatives Ergebnis. In 5,4% (7 von 129 behandelten
Tieren) traten ab dem 25 Tag erneut Anzeichen einer
Infektion mit Dermatophyten auf. Superfizielle
Dermatomykosen dagegen zeigten erst 18-29 Tagen nach
Behandlung eine klinische Wiederherstellung und negative
Pilzkulturen im Bereich zwischen 11 und 17 Tagen. Katzen
wiesen bei Therapie mit Lufenuron (BEN-ZIONY und ARZI, 2000)
bereits nach 5-6 Tagen ein wiederkehrendes Haarwachstum an
den erkrankten Arealen auf.
Die klinische
Wiederherstellung der Tiere war nach 10-15 Tagen
abgeschlossen. Ein negatives kulturelles Pilzergebnis konnte
nach 7-14 Tagen verzeichnet werden. Auch hier traten ab dem
35. Tag nach der Behandlung Rezidive auf.
Um die bei ca.
5% der behandelten Hunde und Katzen aufgetretene Rezidivrate
zu senken, wird von BEN-ZIONY und ARZI (2001) eine
Wiederholung der Behandlung nach 14 Tagen in
gleichbleibender Dosierung angeraten. Nach dieser
zweiphasigen Behandlung ist es sinnvoll, eine monatliche
Gabe von Lufenuron in der für die reguläre Flohprophylaxe
empfohlenen Dosierung durchzuführen, um mögliche Rezidive
bzw. Neuinfektionen zu vermeiden. GUILLOT und Mitarbeiter
(2001) verzeichneten bei allen Tieren, welche, bei
gleichzeitig durchgeführten Umgebungsbehandlungen mit
Lufenuron und einem topischen Antimykotikum therapiert
worden waren, nach 60 Tagen keine klinischen Symptome mehr.
Allerdings traten nach 90 Tagen Rezidive auf, welche die
Autoren auf die zu kurze Behandlungsdauer zurückführten.
Nebenwirkungen
Als Antimykotikum eingesetzt verursachte Lufenuron weder bei
Hunden noch bei Katzen unerwünschte Nebenwirkungen -obwohl
die "antimykotische" Dosierung deutlich höherer ist als die
für die Flohbehandlung normalerweise empfohlene Dosierung.
Negative Einflüsse konnten auch bei Jungtieren und
trächtigen Hunden oder Katzen nicht festgestellt werden (BEN-ZIONY
und ARZI, 2000; BEN-ZIONY und ARZI, 2001; GUILLOT et al.,
2001). BEN-ZIONY und ARZI (2000) konnten in den vor und
einen Monat nach Therapiebeginn durchgeführten Blutzell- und
Blutchemischen Analysen keinerlei Abweichungen nachweisen,
die auf eine erhöhte Organbelastung hinwiesen.
Einsatzmöglichkeit von Lufenuron
bei systemischen Mykosen
Die überwiegend im südlichen Ausland und den USA
verbreiteten Systemmykosen stellen ein weiteres
Einsatzgebiet von Lufenuron dar (GREENE und BURTSCH, 1997,
TABOADA, 2000). Bei 17 Tieren, die an einer
Kokzidioidomykose erkrankt waren, wurden in einer
Pilotstudie mit 10 mg/kg, bzw. 5 mg/kg über 16 Wochen
behandelt. Der Behandlungserfolg stellte sich zwar nur
langsam ein, aber alle Tiere waren ein Jahr nach
Therapiebeginn frei von Symptomen (GREENE und BURTSCH,
1997).
Fazit
Anhand der durchgeführten Studien (BEN-ZIONY und ARZI, 2000;
BEN-ZIONY und ARZI, 2001; GUILLOT et al., 2001) konnte
aufgezeigt werden, dass Lufenuron eine Alternative in der
Behandlung von Dermatophytosen und superfiziellen
Dermatomykosen im Vergleich zu den bislang bekannten
antimykotischen Therapien darstellt. Von großem Vorteil ist
die sehr gute Verträglichkeit, welche sich mit der
spezifischen Wirkung auf die Chitinsynthese erklären lässt,
und die unkomplizierte Handhabung des Medikamentes. Wie in
den entsprechenden Untersuchungen dargelegt, spielen die
Rahmenumstände bei der Behandlung von oberflächlichen
Mykosen eine große Rolle, was insbesondere bei
Gruppenhaltungen und auch in Zuchtbeständen zu
berücksichtigen ist. Dementsprechend sollte das
Dosierungsschema des Medikamentes und eventuell ergänzende
Therapien und Umgebungsbehandlungen den entsprechenden
Situationen individuell angepasst werden.
Anschrift der Autorin
Anja Hildebrandt, Steingasse 3, 35469 Allendorf-Nordeck
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BEN-ZIONY, Y., B. ARZI (2001): Leiters to the Editor:
Updated information for treatment of fungal infections in
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mycoses. In: Ettinger, S.J. und Feldman, E.C. Textbook of
Veterinary Internal Medicine. W.B. Saunders: Philadelphia,
453- 476
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