Kastraten abgeben oder behalten?

Über kaum ein Thema wird so hitzig und oft diskutiert wie über das Thema, ob ein seriöser Züchter seine Zuchtkatzen als Kastraten behält oder besser doch abgibt. Sollten Sie von mir jetzt eine Patentantwort erwarten, muss ich Ihnen gleich vorweg sagen, dass es sie nicht gibt. Die Facetten der Haltungsformen in der Katzenzucht, der Charaktere der Katzen und Rassen, sowie auch die der Züchter sind so unterschiedlich wie auch die individuellen Auffassungen darüber. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und die verschiedenen Haltungsformen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen Züchter „seine“ optimale Lösung für sich und seine Zucht zu finden und Katzenliebhabern eine andere Sichtweise von häufig benutzten Pauschalaussagen zu erlangen.

Für die meisten Züchter bedeuten seine Zuchtkatzen Kindersatz, Schmusepartner, Familienmitglied oder pelziger, immer verstehender Freund. Ihnen wird Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung geschenkt. Verständlicherweise erwartet man von einem Freund, Partner und Lebensbegleiter kompromisslose Begleitung durch das Leben, bis hin zu den schwersten aller Stunden.... den Tod. Erst Recht wird die Erfüllung dieser Erwartungshaltung vorausgesetzt, wenn man seine Katze in der Zucht eingesetzt hat. Eine Abgabe als Kastrat, nach Zuchteinsatz hinterlässt in Züchter- und Liebhaberkreisen einen oftmals fiesen Beigeschmack. Gleich alten Menschen, die in ein Pflegeheim abgeschoben werden, weil sie ihre Haushaltsführung nach vielen arbeitsreichen, entbehrlichen Jahren nicht mehr selber ausüben können, wird die Kastratenabgabe in die gleiche ethische Schublade gepackt. So definieren viele Züchter die Seriosität einer Katzenzucht über die jeweilige Züchtereinstellung zu diesem Thema. Für viele Züchter und noch mehr Liebhaber ist das Optimum für eine pensionierte Zuchtkatze der Verbleib als Kastrat beim Züchter in einer aus dieser Haltungsform resultierenden gemischten Gruppe aus potenten und kastrierten Katzen jeglicher Altersstufen. Doch wer legt dieses „Optimum“ fest? Entspricht es wirklich einer artgerechten Haltungsform und den Bedürfnissen der Katze oder ist es lediglich das Optimum für unseren menschlichen Gefühlshaushalt?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wirft man am Besten erst einmal einen Blick auf das Verhaltensmuster, freilebender Katzen in natürlichen Populationen. Sehr hilfreich dabei sind entsprechende Beobachtungen und Literatur von Verhaltensforschern, die sich großflächig u.a. auch mit der Thematik beschäftigt haben, wie z.B. Prof. Dr. Wegner (Prof. am Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung und sicherlich kein "Züchterfreund" in unserem Sinne). 

Ich will nicht ganz bei Adam und Eva anfangen, möchte aber dennoch zu Bedenken geben wie unsere Wildkatzen leben: Alleine, nicht im Rudel, nicht in der Gruppe. Erst die Domestikation, verkleinerte das jeweilige Revier der einzelnen Katzen und begünstigte durch bereitgestelltes Futter vom Menschen die Gruppenbildung und die räumliche Anbindung an den Menschen. Die Katzen müssen keine großen Jagdreviere mehr bilden und sie verteidigen um genügend Futter finden zu können, damit ihr eigener Hunger und der ihrer Welpen gestillt werden kann. Dennoch verbleibt IMMER eine Rangordnung innerhalb der Gruppe. Wir Züchter halten, gemessen an den natürlichen Gegebenheiten, fast alle eine große Anzahl von Katzen auf relativ kleinem Raum (normale Reviergröße einer Hauskatze: 0,5-1,0 qkm). Das ist leider Fakt. In der Regel ist die Anzahl der in einem Züchterhaushalt befindlichen Katzen größer, als die der meisten Liebhaber.

Zur Erklärung, warum sich unsere Katzen dennoch verstehen, möchte ich an dieser Stelle gerne einen Absatz aus dem Buch "Katzen - eine Verhaltenskunde" von Prof. Dr. Paul Leyhausen zitieren:

"Wenn man auch längere Zeit eine größere Zahl von Katzen auf engem Raum halten kann, so darf man daraus doch nicht schließen, das Einzelgängertum der Katze sei nicht sehr ausgeprägt. Sicher lässt eine domestikationsbedingte "Verjugendlichung" (Anm.: Je jünger die Katze, desto toleranter ist ihr Rang- und Revierverhalten) die Hauskatze unter diesen Bedingungen verträglicher erscheinen als ihre wilden Verwandten. Doch fühlen sich die Tiere dabei nicht wohl (Schwangart 1933), und die Verträglichkeit ist z.B. auch nur vorgetäuscht: Die Tiere sind fast ununterbrochen in Abwehrstimmung, und größere Kämpfe unterbleiben nur deshalb, weil die spezifische Erregung dauernd "in kleiner Münze" -durch ein Fauchen hier, einen Tatzenhieb, ein Haaraufrichten oder Ohranlegen dort- verausgabt wird; so erreicht der Aktualspiegel fast nie die für einen längeren, heftigeren Kampf erforderliche Höhe."

Das Ganze gewinnt an Komplexizität, wenn man auf die einzelnen Sozialstellungen der Katzen eingeht. Halbstarke potentwerdende Kater, welpenführende Muttertiere, kastrierte Kater, die vorher lange Jahre potent einen hohen Rang bekleidet hatten, schüchterne oder unterwürfige Katzen, potente langjährige Zuchtkätzinnen etc. Aus all diesen Individuen würfelt sich unter Umständen eine Gruppe zusammen. Jede Veränderung, sei es natürlicher Art beispielsweise der Tod eines Gruppenmitgliedes oder menschlicher Art, durch Kastration oder Zusatz eines neuen Tieres greift in die Struktur und damit auch in die Rangordnung der Gruppe ein. Bestenfalls regelt sich die Rangfolge dann durch minimalen Aggressionseinsatz, wie Fauchen, Ducken oder Ohranlegen, ein direkter Kampf hingegen ist bereits das höchste Mittel der Aggression und sollte für den Züchter ein ernstzunehmendes Zeichen sein. Ebenfalls dürfen wir nicht vergessen, dass es sich bei einer Zuchtgruppe nicht um eine natürlich gewachsene Katzengesellschaft mit uneingeschränktem Ausweichraum handelt, sondern um eine künstlich geschaffene Katzenansammlung auf begrenztem Raum. Generell ist zu sagen, dass es in ausnahmslos jeder Gruppe eine Rangordnung und die damit zusammenhängenden Instinkthandlungen der Katzen gibt. Antriebe für spezielle Handlungen innerhalb der Katzengruppe sind u.a. Revierverteidigung, Rivalität, Abwehr oder Fortpflanzung und nicht die vielseitig zitierte menschliche Rechfertigung: „Sie (die Katze) ist bestimmt eifersüchtig, weil sie denkt, dass…..“ Eine Katze denkt nicht rational, wie ein Mensch, wir Menschen vermenschlichen schlicht und ergreifend kätzische Instinkthandlungen. Das wiederum führt oftmals zu Fehleinschätzungen und Missverständnissen.

Soviel zu Verhaltensmustern und Gruppenstrukturen innerhalb eines Mehrkatzenhaushaltes. Nun möchte ich auf die einzelnen Haltungsformen und den damit verbundenen Umgang mit Kastraten eingehen, deren Platz in der Rangordnung sich durch die Kastration in der Regel verändern wird.

Katze verbleibt grundsätzlich als Kastrat in der Gruppe

Die hormonelle Umstellung veranlasst lt. Leyhausen keine Schwächung des Kampfverhaltens an sich, vielmehr verschiebt sich der Schwellenwert für die auslösende Situation. Kastraten werden territorialer und sind eher bereit für ihr kleines Revier, z.b. ihren Lieblingsliegeplatz zu kämpfen. Entweder erhalten sie sich ihren Platz in der Rangordnung und werden respektiert oder sie gliedern sich auf einen anderen Platz in der Rangordnungsleiter ein, vielleicht allerdings auch auf den letzten…

Dies ist die von vielen Züchtern und Liebhabern als die seriösest anzusehende Haltungsform. Für den Züchter bedeutet der Behalt aller Kastraten das entweder baldige räumliche Zuchtende, nämlich dann wenn kein ausreichender Platz für neue Katzen mehr vorhanden ist und meistens auch der langfristige Einsatz von Zuchtkatzen in der Zucht.

Wie Leyhausen bereits zutreffend und richtig bemerkte, ist die Akzeptanz und Toleranz von Artgenossen innerhalb einer vom Lebensalter noch jungen Katzengruppe größer als die älterer.

Die Realität dieser Haltungsform sieht meistens so aus, dass mit einer relativ jungen Katzengruppe der Start in die Zucht beginnt. Hält der Züchter einen eigenen Deckkater, werden die Verpaarungen meistens in gleicher Kombination immer wieder wiederholt. Natürlich kommt hier die Frage nach dem Zuchtziel auf. Sind regelmäßig wiederkehrende Verpaarungen wirklich Zucht im Sinne der Verfolgung einer Verbesserung? Oder vermehrt der Züchter lediglich die Katzenpopulation, weil er Spaß und Freude daran hat kleine niedliche Katzenbabies aufwachsen zu sehen? Je häufiger ein Tier in der Zucht eingesetzt wird und je mehr seiner Nachkommen wieder den Weg in die Zucht, meistens die anderer Züchter, finden, je mehr wird der Genpool der jeweiligen Rasse eingeschränkt. Bei populären, häufig vorkommenden Rassen sicherlich kein großes Problem und bei gesunden, typvollen Nachwuchs eine Bereicherung. Für seltene Rassen wird die Einschränkung des Genpools doch recht schnell so einem recht großen Hindernis.

Je mehr Zuchttiere aus einer Linie in die Zucht gegeben werden, je sicherer sollte der Züchter über die genetische Gesundheit sein. Katastrophal für die Gesundheit einer Rasse endete schon so manche langjährige Zuchtkatzenkarriere, wenn sich Jahre später herausgestellt, dass sie Träger eines Gendefektes war und mittlerweile schon in vielen Stammbäumen zu finden ist.  Entsprechende Gesundheitstests den Bedürfnissen der jeweiligen Rasse angepasst (PKD, PKM, PL, Blutgruppe, HCM, GM1 etc.) setze ich bei der Zucht von Rassekatzen als selbstverständlich voraus und sollte generell keinesfalls von der Länge des Zuchteinsatzes abhängig gemacht werden.

Wenn der Züchter Glück hat, wird sein potenter Deckkater, sofern er einen hat, nicht singen und markieren. Auch wird er die Mädchen nicht ständig bedrängen, so dass aus deren Abwehrverhalten auch keine Aggressionen ausgelöst werden können. Ja, so was soll es geben… Die Realität sieht oftmals anders aus: Deckkater die separat gehalten werden müssen, da sie nur noch vom Fortpflanzungstrieb gesteuert alles decken möchten, was ihnen über den Weg läuft und somit Unruhe in die Gruppe bringen oder ein schicker „OOps-Wurf“ mit der noch säugenden Mutterkatze oder gar seiner 9 Monate alten Tochter. Nicht selten behält ein Deckkater eventuell vorhandene Aggressionen auch nach der Kastration bei und verbringt den Rest seines Lebens, mit bestenfalls anderen kastrierten Artgenossen in einem Katerzimmer.

Auch unter Kätzinnen herrscht nicht immer eitel Sonnenschein. Aus verschiedensten Gründen erklären sich so manche Katzenfreundinnen nach Jahren zu auserwählten Todfeinden. Ständige Unruhe in der Gruppe bedeutet Stress für die Tiere und nicht selten lebt das ein oder andere unterdrückte, verängstigte ehemalige Zuchttier auf dem Küchenschrank, ständig auf der Hut vor den Attacken der anderen. Auftretende Unsauberkeit, ist ein Ausdruck höchster seelischer Not und sollte selbst den begriffsstutzigsten Züchter alarmieren, dringend einzugreifen und seine Situation zu ändern. Nicht selten werden so Problemkatzen geschaffen. Für ältere Tiere ist permanenter Stress ein echtes Gesundheitsrisiko, denn selbst wenn der Züchter erst sehr spät seine Zuchtkatzen aus der Zucht nimmt und nur vereinzelt junge Katzen als Zuchtnachfolger wieder in den Bestand einbringt, wird der überwiegende Teil seiner Zuchtkatzen irgendwann den Lebensherbst erreicht haben. Mit zunehmendem Alter können auch bei Katzen die Gebrechen kommen und bedürfen selbstverständlich adäquater tierärztlicher Betreuung. Es versteht sich von selbst, dass es sich für den Züchter dann gehört dem Tier die beste medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Ein Kostenfaktor, der in der Lebensblüte einer Zuchtkatze oftmals unterschätzt wird und sicherlich rechtzeitig in die Zuchtplanung mit einkalkuliert werden sollte.

Positiv für diese Art der Zuchtform ist natürlich, dass der Züchter immer selber den Überblick über den Krankheitsverlauf seiner Zuchtkatzen hat. Dies ist besonders im Hinblick genetischer Erkrankungen wichtig. Viele Züchter, die sich zur Abgabe ihrer Kastraten entschieden haben bekommen die Entwicklung von genetischen Erkrankungen gar nicht oder erst viel später gewahr, da viele Kastratenkäufer als Liebhaber, bei einem frühen Tod des Lieblings, keine Obduktionen vornehmen lassen. Sollte sich allerdings eine Linie über die Jahre als besonders gesund und vererbungsstark herausstellen, kann der Züchter durch langen Zuchteinsatz, bzw. geplanter Linienzucht sehr viel Positives für die Rasse tun.

Meine Hochachtung verdient derjenige Anhänger dieser Haltungsform, der für das Wohlbefinden einer einzelnen Zuchtkatze seiner Gruppe bereit wäre, auch andere Gruppenmitglieder kastrieren zu lassen, um so das Stresspotential zu mindern und den betroffenen Katze ein angenehmes Restleben zu ermöglichen. Im schlimmsten Fall würde das unter Umständen sogar den Verzicht auf Katzenzucht für den betroffenen Züchter bedeuten.

Nur gruppenverträgliche Kastraten werden behalten

Dieser Haltungsform bedienen sich wohl die meisten Züchter. Wie oft kann man in Kleinanzeigen oder auf Züchterhomepages lesen, dass eine Kastratin ein neues Zuhause sucht, da sie sich mit den anderen Katzen der Zucht nicht mehr versteht. Nach oftmals jahrelangem Zuchteinsatz, anschließender Kastration kommt es plötzlich zu Aggressionen mit den anderen Tieren aus der Gruppe. Sie suchen oftmals ein Einzelzuhause, da vorangegangene Versuche gezeigt haben, dass sich die entsprechende Katze aggressiv zu unterschiedlichen Katzen verhält. Je älter die Katze bei der Umsetzung ist, desto schwerer wird die Umgewöhnung und auch der Abschiedsschmerz.

Auch die Haltungsform mit sogenannten „Alibikastraten“ erfreut sich vieler Fürsprecher. Hierbei werden einige sehr verträgliche Kastraten behalten und nachfolgende kastrierte Tiere abgegeben. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Sicher gibt es Züchter, die sich von dem einen oder anderen Tier nicht zu trennen vermochten, sicher findet man aber auch die Züchter, die diese „Vorzeigekastraten“ lediglich dazu benutzen um dem Liebhaber eine gewisse Seriosität und Beständigkeit vorzugaukeln, während andere ehemalige Zuchtkatzen aus diesen Zuchten sehr wohl hin und wieder kastriert abgegeben werden.

Der große Aktionsradius dieser Haltungsform geht unter der Maßgabe und Berücksichtigung der besten ethischen und moralischen Grundvoraussetzungen am individuellsten auf die Bedürfnisse von Mensch und Tier ein, sofern der Mensch bereit und in der Lage ist Mangelsituationen zu erkennen und zu handeln. Gruppenverträgliche Kastraten können behalten werden... Das wiederum bedeutet für den Menschen, zumindest die ein oder andere liebgewonnene Zuchtkatze stressfrei ins Lebensalter begleiten zu können.

Grundsätzliche Abgabe aller Zuchtkatzen

Auch Züchter, die grundsätzlich alle Zuchttiere abgeben gibt es. Auch hier muss man differenzieren. Sicherlich ist es bereits ein moralisch-/ethischer Unterschied, wenn ein Züchter, seine Zuchtkatzen vom ersten bis zum achten (oder länger) Lebensjahr jährlich ein bis zweimal belegen lässt und nach der vereinsvorgeschriebenen Zuchthöchstaltersgrenze mit acht oder neun Jahren abgibt oder ob ein noch recht junges Tier nach ein- oder zweimaligen Zuchteinsatz vermittelt werden soll.

Für die grundsätzliche Abgabe langjähriger, älterer Zuchtkatzen fallen mir leider so gut wie gar keine wirklich positiven Motivationsgründe ein. Sicherlich kann man auch alte, langjährige Zuchtkatzen in ein neues Zuhause vermitteln und sicherlich wird es auch Katzen geben, denen dieses Umsetzen wenig ausmachen wird... Erfahrungsgemäß allerdings ist die Prognose für eine alte Katze erheblich ungünstiger, im Vergleich zu der eines jungen Tieres. Es fällt mir schwer für die grundsätzliche Abgabe alter, jahrelang im Zuchteinsatz befindlicher Katzen vertretbare Gründe zu finde. Für Zuchtkatzen dieser Kategorie, kann ich nur hoffen, dass sie ihren Platz in der Gruppe nach der Kastration finden und ihr Mensch, ihr die vielen kuscheligen Katzenkinder und die damit verbundenen Strapazen mit einem liebevollen Gnadenbrotplatz dankt. Sehr bedauerlich wäre es, wenn sie sich als Kastrat nicht in die Gruppe einfügen kann und als älteres Tier noch umgesiedelt werden müsste oder noch schlimmer, sie sich angsterfüllt vor den Attacken der anderen in ihrem „Zuhause“ für den Rest ihres Lebens in ein Eckchen zurückzieht.

Anders wiederum verhält es sich bei der grundsätzlichen Abgabe noch junger Zuchtkatzen im Alter von 1-3 Jahren. Diese Katzen sind noch sehr jung und flexibel genug, sich nach der Abgabe in einem neuen Zuhause problemlos zurechtzufinden. Das Abgabealter ist auch für Interessenten durchaus noch akzeptabel. Die Zuchtgruppe besteht dementsprechend durchweg aus noch recht jungen potenten Tieren. Wie Leyhausen bereits wissenschaftlich nachwies, ist das Aggressionspotential in einer vom Lebensalter her, jungen Gruppe am geringsten. Diese Haltungsform wird allerdings nur von wenigen Züchtern konsequent verfolgt, da sie sich auf Dauer gesehen als sehr kostenintensiv herausstellt. Es müssen öfter neue Zuchtkatzen hinzugekauft werden, Kosten für Gesundheitstests wie Audiometrie, PKM, PKD-Gentest, können nur auf ein oder zwei Würfe, anstelle auf 6 oder mehr umgelegt werden,  genauso verhält es sich für die Ausstellungskosten zu diversen Championaten. Auch der „Verkaufserlös“ eines ein- bis dreijährigen Tieres liegt durch den Wegfall des Kittenbonus, lediglich in Höhe einer Schutzgebühr und deckt wenn überhaupt gerade mal die Kastrations-, vielleicht auch noch die Impfkosten ab. Oftmals werden sie aber auch kostenlos mit einem Kitten vermittelt, welchem so auch eine bevorstehende Einzelhaltung erspart bleiben würde.

Die Vorteile dieser Methode liegen eindeutig in der recht problemlosen Vermittlung von Zuchtkatzen dieses Alters, der schnellen und unproblematischen Eingewöhnung in einen neuen Haushalt und darin, dass diese Katzen, trotz Zuchteinsatzes noch ein langes, erfülltes Leben, als Zweit- oder Drittkastrat, verwöhnt von Ihrem neuen Dosenöffner erleben dürfen. Der bittere Beigeschmack, eine Katze zur Zucht ausgenutzt zu haben, ist bei ein oder zwei Würfen deutlich süßer, als bei 8 oder 10.

Ein Nachteil der frühzeitigen Abgabe ist der eingeschränkte Überblick im Hinblick auf genetische Erkrankungen. HCM-Tests können nicht bis ins hohe Alter durchgeführt werden, sowie manche Gendefekte sich sowieso erst später zeigen, nämlich dann wenn die ehemalige Zuchtkatze schon lange in ihrem neuen Heim lebt. Ein guter Kontakt zwischen Züchter und späteren Besitzer ist von daher unumgänglich.

Grundsätzliches:

Eine Patentlösung gibt es nicht. Der vorbeschriebene Artikel spiegelt lediglich Facetten wieder, soll Züchter zum Nachdenken über die eigene Zucht anregen und Liebhabern die Möglichkeit bieten ihr eigenes Bild einer jeweiligen Haltungsform zu machen.

Nur eines möchte ich allen Züchtern, die sich für die Abgabe von Zuchtkatzen entschieden haben dringend ans Herz legen: LASST SIE VOR ABGABE KASTRIEREN!! Nicht selten fühlen sich Käufer dieser Katzen dazu animiert, mit einem Mal doch zu züchten, schließlich ist die Katze ja noch jung und hatte ja auch bereits sehr erfolgreichen Nachwuchs gezeugt. Um dem Verkäufer und der Katze unschöne Erfahrungen zu ersparen ist dieser Eingriff unumgänglich und ist einer der Hauptpfeiler in der Zuchtethik.

Auch an die Käufer dieser Kastraten möchte ich zum Schluss noch ein paar eindringliche Worte richten: Bitte überlegen Sie es sich zwei- oder noch mehr Mal, ob Sie einen erwachsenen Kastraten zu sich aufnehmen wollen. Der oftmals geringe Kaufpreis veranlasst so manchen Käufer zu einem sogenannten „Probekauf“, getreu dem Motto: Hat ja nicht viel gekostet, also habe ich nicht viel Verlust wenn es nicht klappt! Bestenfalls gibt er dieses Tier nach seinem „Fehlversuch“ wieder zurück an den Züchter. Liebe Käufer, dieses Verhalten ist gedankenlos! Für den Züchter und die Katzen bedeutet die Rücknahme, je nach Rücknahmezeitpunkt, wieder Stress in der Gruppe. Auch sind u.U. Quarantäne und Bluttests notwendig um den vorhandenen Bestand nicht zu gefährden.

Fast immer ist die Vergesellschaftung von Kastraten, abgesehen von dem normalen Gefauche und Verhaltensänderungen in der Gewöhnungsphase, problemlos. Sollten Sie aber unsicher sein und nicht sicher sein, dass SIE diese Phase durchstehen werden, würde ich Ihnen die Anschaffung eines Kittens empfehlen. Denn „Probierkatzen“ für unsichere Menschen, sind unsere heiß geliebten Kastraten nicht. Sie wurden von Züchtern schweren Herzens aus Liebe abgegeben um Ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen…

 

      
     

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